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KARLSRUHE
Streit um minderwertige Brustimplantate
PIP hatte jahrelang Brustimplantate mit billigem Industriesilikon gefüllt, anstatt mit dem dafür zugelassenen Material.
Foto: Guillaume Horcajuelo, Dpa | PIP hatte jahrelang Brustimplantate mit billigem Industriesilikon gefüllt, anstatt mit dem dafür zugelassenen Material.
reda
 |  aktualisiert: 09.04.2015 19:32 Uhr

Für die betroffenen Frauen geht das Warten weiter: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in der Schmerzensgeldklage einer Frau mit minderwertigen PIP-Brustimplantaten am Donnerstag keine Entscheidung getroffen. Vielmehr riefen die fünf Richter den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an. Dieser muss nun erst einmal klären, welche Pflichten der TÜV Rheinland bei der Überwachung der französische Firma Poly Implant Prothese (PIP) gehabt hätte.

Die 64-jährige Klägerin, die anonym bleiben will, zeigte sich nach dem BGH-Entscheid dennoch zufrieden: „Ich habe jetzt so ein gutes Gefühl gehabt vor dieser Entscheidung und das habe ich auch immer noch“, sagte sie am Donnerstag. PIP hatte jahrelang Brustimplantate mit billigem Industriesilikon gefüllt, anstatt mit dem dafür zugelassenen Material. Schätzungen zufolge waren weltweit 100 000 Frauen betroffen, 5000 allein in Deutschland. Auch die Klägerin hatte sich 2008 nach einer Operation zur Krebsvorsorge PIP-Implantate einsetzen lassen. Als der Skandal 2010 aufflog, klagten Betroffene gegen den TÜV Rheinland wegen der Verletzung ihrer Überwachungspflichten. Denn die Organisation hatte bei PIP die Produktionsprozesse geprüft. Die Klagen scheiterten bislang alle in Deutschland, da die Gerichte keine Verfehlungen des TÜV erkennen konnten.

Doch wie weit gehen diese Prüfpflichten nun wirklich? Das muss jetzt der EuGH entscheiden. Denn die Europäische Richtlinie, die diese Prüfungen regelt, sagt das nicht ganz genau. Der BGH will wissen, ob der TÜV die Firma unangemeldet hätte überprüfen müssen, die Geschäftsunterlagen einsehen und die Silikonkissen selbst hätte überprüfen müssen. Außerdem hatte ein französisches Gericht in 2013 in Toulon 1700 Frauen recht gegeben und den TÜV als Kontrolleur von PIP zu Schadenersatz verurteilt – auf Grundlage derselben Richtlinie. Das zeigt, dass man unterschiedlicher Auffassung über die Reichweite der Prüfungspflichten sein kann.

Erst nach dem EuGH ist der BGH wieder am Zuge und wie er in ein oder zwei Jahren dann entscheidet, muss erst einmal als ungewiss gelten und hängt von den Vorgaben der europäischen Richter ab. Die Anwältin der Klägerin Ruth Schultze-Zeu ist dennoch zuversichtlich: „Der EuGH entscheidet die Fragen zu Richtlinien immer sehr verbraucherfreundlich“, sagte sie. Ihre 64-jährige Mandantin möchte 40 000 Euro Schmerzensgeld vom TÜV: Angstgefühle habe sie gehabt, als die Missstände bekanntgeworden waren, sagt sie. Überdies hatte sie auch körperliche Beschwerden nach der Billig-Implantation und so ließ sie sich die Silikonkissen 2012 auf ärztlichen Rat hin in einer zweiten Operation ersetzen.

 
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