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BERLIN
Streit um Erbschaftsteuer geht weiter
Rudi Wais
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 14.06.2016 03:44 Uhr

Bis zum 1. Juli muss die Bundesregierung die Erbschaftsteuer für Unternehmen neu regeln – so verlangt es ein Urteil des Verfassungsgerichtes. Da der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, SPD-Chef Sigmar Gabriel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sich auch am Freitag nicht auf die letzten Details der Reform einigen konnten, müssen die drei in der kommenden Woche nachsitzen.

Karlsruhe hat bereits im Dezember 2014 moniert, dass Firmenerben bei der gegenwärtigen Regelung gegenüber normalen Erben zu stark bevorzugt werden. Warum braucht die Koalition so lange?

Das liegt vor allem an Horst Seehofer. Der Ministerpräsident aus München fürchtet, dass die von Schäuble geplante Neuregelung mittelständische Unternehmer so hart trifft, dass Erben Teile der Firma verkaufen müssen, um ihre Steuerschuld bezahlen zu können. Die SPD vermutet jedoch, dass es Seehofer noch um etwas anderes geht: Als Gegenleistung für sein Ja bei der Erbschaftsteuer, spekuliert ein Abgeordneter, wolle er bei den Verhandlungen über die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs ein paar Hundert Millionen Euro mehr für Bayern herausholen.

Was kritisiert das Verfassungsgericht diesmal? Schon die letzte Reform 2008 wurde ja durch ein Urteil aus Karlsruhe erzwungen.

Dass der Fiskus Firmenerben, die einen Betrieb weiterführen und damit Arbeitsplätze erhalten, die Steuer reduzieren oder sie sogar erlassen kann, hält auch das Verfassungsgericht für richtig. In ihrem Urteil vom 17. Dezember 2014 stoßen sich die Richter vor allem an der Vielzahl von Sonder- und Ausnahmeregelungen wie der pauschalen Freistellung von Kleinbetrieben und den vergleichsweise laxen Vorgaben für größere Unternehmen. In Zukunft sollen sie dem Finanzamt nachweisen, dass ihr Betrieb ohne einen Steuernachlass tatsächlich in Schwierigkeiten geraten könnte. Schäuble hat dazu eine sogenannte Bedürfnisprüfung vorgeschlagen, bei der betroffene Unternehmer ihr Privatvermögen offenlegen müssten – auch dagegen sperrt Seehofer sich bisher.

Was passiert eigentlich, wenn CDU, CSU und SPD sich nicht bis Anfang Juli einigen?

In diesem Fall gelten die bisherigen Regelungen weiter. Im Urteil heißt es dazu nur lakonisch: „Das bisherige Recht ist bis zu einer Neuregelung anwendbar.“ Mit großer Wahrscheinlichkeit würden dann jedoch Erben von anderen Vermögen, die sich benachteiligt fühlen, dagegen klagen. Im ungünstigsten Fall könnte Karlsruhe in einem weiteren Verfahren die Steuervorteile für Firmenerben dann ganz kippen oder der Regierung präzise Vorgaben für eine Reform machen. Darauf aber will es die Koalition nicht ankommen lassen.

Wie rigide ist der gegenwärtige Gesetzentwurf denn tatsächlich formuliert? Verlangt er von Firmenerben buchstäblich zu viel?

Die Architekten der Reform bestreiten das. Ein Kompromiss der Bundestagfraktionen von CDU und CSU sieht unter anderem vor, dass Erben sich die Steuerschuld bis zu zehn Jahre stunden lassen können. Schränkt der Gesellschaftervertrag den Verkauf von Anteilen stark ein, können sie einen Steuernachlass von bis zu 30 Prozent erhalten.

 
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