Diesmal geht es nicht um ausschweifende Sex-Partys, den Vorwurf der Vergewaltigung oder der Zuhälterei. Und es handelt sich auch erst um Vorermittlungen und längst keinen bestätigten Verdacht. Aber aufhorchen lassen die Anschuldigungen doch: Der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, steht im Visier der Justiz, weil ihm ein früherer Aktionär seines inzwischen insolventen Luxemburger Investmentfonds Leyne Strauss-Kahn & Partners (LSK) Betrug, Veruntreuung und Fälschung vorwirft.
Vor dem Kauf von LSK-Aktien im Wert von einer halben Million Euro sei er falsch über die finanzielle Lage des Fonds informiert worden, so der Kläger. Ihm schloss sich ein Geschäftsmann aus Mazedonien an, der 400 000 Euro investiert hatte. Bereits seit Sommer ermittelt die Pariser Staatsanwaltschaft in dem Fall, der jetzt erst bekannt wurde.
Zweifelhafte Kompetenz
Galt Strauss-Kahn, dessen Name in Frankreich mit „DSK“ abgekürzt wird, bisher als brillanter Ökonom, der leider über seine privaten Exzesse stolperte, so treffen die neuen Anschuldigungen die wirtschaftliche Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit des ehemaligen französischen Finanzministers. Seine politische Karriere hatte im Mai 2011 ein abruptes Ende genommen, als er in New York wegen der Vergewaltigungsklage einer Hotelangestellten vor Gericht stand. Der Prozess wurde letztlich eingestellt, doch folgten weitere Missbrauchsvorwürfe von Frauen sowie ein Prozess wegen Zuhälterei, in dem Strauss-Kahn ebenfalls freigesprochen wurde. Er gab zwar seine Teilnahme an Sex-Orgien zu, doch konnte ihm nicht nachgewiesen werden, dass er selbst die anwesenden Prostituierten aktiv organisiert hatte.
Die Affären führten zum tiefen Sturz des Sozialisten, der zuvor die besten Aussichten hatte, Präsidentschaftskandidat seiner Partei und sogar Staatschef zu werden. Selbst nach Bekanntwerden der Skandale bedauerten viele Franzosen diese Fügung: Durch sein Charisma und sein Renommee als Ökonom galt Strauss-Kahn so manchen als die bessere Wahl im Vergleich zu dem zögerlich wirkenden François Hollande. Die jetzigen Vorwürfe werfen aber ein anderes Licht auf den 66-Jährigen.
Im November 2014 ging LSK pleite, wenige Wochen, nachdem sich Strauss-Kahns Geschäftspartner Thierry Leyne in Israel das Leben genommen hatte. Rund 156 Gläubiger in der ganzen Welt fordern seither insgesamt rund 100 Millionen Euro zurück. Wo das Geld geblieben ist, weiß niemand.
Strategie exzessiver Anleihen
Strauss-Kahn, der über eine Zwischenfirma mit 20,2 Prozent an dem Fonds beteiligt war und sich unmittelbar vor dem Konkurs als Verwaltungsratschef zurückzog, gab Leyne die Schuld: Dieser habe sich in einer „Strategie exzessiver Anleihen“ verfahren. Er habe viel Geld verloren, so Strauss-Kahn. Auch sein Anwalt hat erklärt, sein Mandat habe nie eine operationelle Funktion ausgeübt, er sei nicht Täter, sondern Opfer und selbst getäuscht worden.
Dennoch trüben die Vorwürfe sein Ansehen als Wirtschaftsberater mit seinem Unternehmen „Parnasse International“, mit dem er unter anderem für die serbische Regierung arbeitet. Inzwischen hat Strauss-Kahn seinen neuen Firmen- und Wohnsitz in Marokko, äußert sich aber auch zur Politik der französischen Regierung. Nun steht seine eigene Glaubwürdigkeit infrage.