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BERLIN
Straßenverkehr als größter Klimakiller
40 Jahre Köhlbrandbrücke       -  Klimasünder Straßenverkehr: Prognosen zufolge könnte sich allein die Zahl schwerer Lastwagen bis 2040 weltweit auf 100 Millionen erhöhen. Der dadurch erhöhte Energieverbrauch hat fatale Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß.
Foto: Christian Charisius, dpa | Klimasünder Straßenverkehr: Prognosen zufolge könnte sich allein die Zahl schwerer Lastwagen bis 2040 weltweit auf 100 Millionen erhöhen. Der dadurch erhöhte Energieverbrauch hat fatale Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß.
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:58 Uhr

Der Straßenverkehr ist dabei, weltweit zum größten Klimasünder zu werden. Trotz aller technischen Fortschritte bei der Entwicklung sparsamer und schadstoffarmer Motoren stieg der Energieverbrauch im Verkehrssektor weltweit seit 1990 um 44 Prozent und in der EU um 15 Prozent. Auch in Deutschland hat der Energieverbrauch im Straßenverkehr seit 2005 um 2,3 Prozent zugenommen, obwohl er eigentlich durch Effizienzmaßnahmen sinken sollte.

Der Grund: Auf Deutschlands Straßen fahren so viele Autos wie noch nie. 2014 gab es nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes in der Summe 61,5 Millionen zugelassene Fahrzeuge, der Bestand stieg innerhalb eines Jahres um 700 000 Fahrzeuge. Aber nur 8,3 Prozent der Fahrzeuge hatten einen CO2-Ausstoß, der unter 120 Gramm pro Kilometer lag. Damit wird in Deutschland in der Summe heute mehr Sprit getankt als in den frühen 90er Jahren.

Das geht aus einer Untersuchung hervor, die im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion von der Hamburger Energieinformationsagentur „Energy Comment“ angefertigt wurde und der Redaktion vorliegt.

Schon heute ist der Verkehrssektor nach dem Stromsektor der zweitgrößte Verursacher von CO2-Emissionen und für 23 Prozent des Ausstoßes an schädlichen Treibhausgasen verantwortlich. Nach den Prognosen des Hamburger Instituts wird sich die Zahl der Autos und der leichten Nutzfahrzeuge weltweit von derzeit 1,1 Milliarden bis 2040 auf 2,2 Milliarden verdoppeln, gleichzeitig klettert die Zahl der schweren Lastkraftwagen auf rund 100 Millionen Fahrzeuge. Das hat zur Folge, dass der Spritverbrauch von heute 49,5 Millionen Fass Öl pro Tag auf 60,4 Millionen Fass pro Tag im Jahr 2040 steigt. Allein der Zuwachs entspricht der gesamten Ölproduktion Saudi-Arabiens. „Wenn China, Indien und andere Schwellenländer weiterhin eine Motorisierung wie in den alten Industriestaaten verfolgen, wird der Diesel- und Benzinkonsum einen Umfang erreichen, der produktionstechnisch von der Ölindustrie nicht mehr bewältigt werden kann“, heißt es in der Studie.

Auch Deutschland ist nach dem Gutachten kein Vorbild in Sachen Einsparung und Schadstoffminderung. Trotz der immer schärferen Effizienzvorschriften, des technischen Fortschritts und der verkehrspolitischen Anstrengungen aller Regierungen stieg der Kraftstoffverbrauch von 50,4 Millionen Tonnen im Jahr 2007 auf 54,1 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr. Die Zahlen für 2015, die bislang nur bis August vorliegen, lassen einen weiteren Anstieg auf 55,2 Millionen Tonnen vermuten.

„Wenn das Barrel Rohöl 50 statt 100 Dollar kostet, schwindet vielfach die Motivation, sich auf neue Technologien einzulassen.“
Bärbel Höhn (Grüne), Vorsitzende des Umweltausschusses

Der stark gesunkene Benzinpreis, der in diesen Tagen beim Diesel erstmals unter die Ein-Euro-Grenze gerutscht ist, hat zusätzlich zu einem Anstieg des Verbrauchs geführt. Die EU-Staaten wollten bis 2020 einen Anteil von zehn Prozent an erneuerbaren Energien im Verkehr erreichen, 2014 waren es in Deutschland jedoch lediglich 5,6 Prozent. Die Autoren der Studie bezeichnen es als „sehr unwahrscheinlich, dass Deutschland das EU-Ziel erreicht“.

Insgesamt sei die EU dabei, „verkehrspolitisch ins Mittelfeld abzurutschen und ihre Vorreiterrolle zu verspielen“.

Die Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestags, Bärbel Höhn von den Grünen, kritisierte gegenüber dieser Redaktion die Automobilindustrie, die die Zeichen der Zeit nicht erkannt habe. „Die Autos sind seit den 90er Jahren immer schwerer geworden und haben mehr PS bekommen“, deswegen komme der Klimaschutz im Verkehr nicht voran.

„Zusätzlich schummeln alle Autohersteller beim Spritverbrauch und täuschen unter freundlichem Wegschauen der Bundesregierung die Autokäufer.“ Der niedrige Ölpreis verführe zudem die Verbraucher und verhindere den Ausstieg aus den fossilen Verbrennungsmotoren. „Wenn das Barrel Rohöl 50 statt 100 Dollar kostet, schwindet vielfach die Motivation, sich auf neue Technologien einzulassen.“

Bärbel Höhn forderte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf, die Anreize für den Kauf von emissionsfreien Elektroautos zu erhöhen. „Es bedarf einer staatlichen Anschubfinanzierung, damit Elektroautos konkurrenzfähiger werden, wenn sie mit Ökostrom angetrieben werden.“

 
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