Spät am Abend, versteckt in einem Gesetz über eine Reihe von Maßnahmen gegen die Kapitalflucht hat der Bundestag in dieser Woche die versprochenen Steuerentlastungen von mehr als sechs Milliarden Euro für die beiden kommenden Jahre beschlossen, die allerdings auch der Bundesrat noch absegnen muss. Große Sprünge dürfte damit aber niemand machen können: Den meisten Beschäftigten werden am Monatsende nur wenige Euro mehr netto vom Brutto bleiben.
Anfang nächsten Jahres steigt der Grundfreibetrag um 168 auf 8820 Euro und ein Jahr später noch einmal um 180 auf dann 9000 Euro. Bis zu diesem Betrag bleibt ein Einkommen steuerfrei – er sichert das Existenzminimum ab. Ehepaare erhalten den doppelten Freibetrag. Analog dazu steigt der Kinderfreibetrag von gegenwärtig 7248 Euro im ersten Schritt um 108 Euro und Anfang 2018 noch einmal um 72 Euro. Wer Kindern oder Lebenspartnern Unterhalt zahlt, kann bis zu 8820 Euro an außergewöhnlichen Belastungen geltend machen.
Es wird um zwei Euro pro Kind und Monat angehoben. für das erste und zweite Kind gibt es dann 192 Euro, für das dritte 198 und für jedes weitere Kind 223 Euro. Im Jahr 2018 kommen pro Kind und Monat dann noch einmal zwei Euro dazu. Bei der jährlichen Steuererklärung prüft das Finanzamt automatisch, womit ein Beschäftigter besser fährt – mit dem Kindergeld oder dem Kinderfreibetrag. Der so genannte Kinderzuschlag für Geringverdiener steigt im nächsten Jahr von 160 auf 170 Euro.
Damit bei Lohnerhöhungen die Steuerbelastung nicht stärker steigt als das Einkommen, korrigiert der Bund seine Steuertabellen. Im Moment führt die so genannte kalte Progression dazu, dass ein Arbeitnehmer nach einer Gehaltserhöhung in Höhe der Inflationsrate faktisch weniger Geld verdient, weil die Steuersätze mehrere Jahre nicht an die Inflation angepasst wurden. Diesen Effekt lindert Finanzminister Wolfgang Schäuble jetzt, indem er die Progression so entschärft, dass einige Sätze erst bei höheren Einkommen greifen. Die Progression beginnt bei einem Einkommen von 8821 Euro für einen Ledigen mit einem Steuersatz von 14 Prozent. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent wird 2017 ab einem zu versteuernden Einkommen von 54 058 Euro fällig.
Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler wird ein Single mit einem Monatsbrutto von 2500 Euro im nächsten Jahr um 45 Euro entlastet – das sind 3,75 Euro im Monat. Im Jahr 2018 kommen dazu noch einmal 64 Euro. Bei einem Einkommen von 5000 Euro bleiben einem Alleinstehenden 79 Euro mehr im nächsten und weitere 139 Euro im übernächsten Jahr. Ein Ehepaar mit zwei Kindern, bei dem nur ein Elternteil arbeitet und 5000 Euro monatlich verdient, spart sich im ersten Jahr 143 Euro und im Jahr 2018 noch einmal 180 Euro.
Wie eine Entlastung aussehen könnte, die ihren Namen verdient, haben am Freitag das Münchner Ifo-Institut und die Initiative neue Soziale Marktwirtschaft vorgestellt. In deren Reformmodell, das den Fiskus gut 31 Milliarden Euro pro Jahr kosten würde, spart ein Ehepaar mit zwei Kindern und 60 000 Euro brutto mehr als 1700 Euro Steuern im Jahr. „Seit Jahren steigen die Steuereinnahmen des Staates schneller an als die Einkommen der Bürger“, sagt der Geschäftsführer der Initiative, Hubertus Pellengahr. „Die starke wirtschaftliche Lage erlaubt spürbare Steuerentlastungen.“