Standpunkt
Ist der Umbau der Währungsunion, gemeinhin als Vertiefung bezeichnet, tatsächlich kaum mehr als ein Etikettenschwindel? Tatsächlich kann dieser Eindruck entstehen, wenn deutlich wird, dass nur wenige eine Vorstellung davon haben, was mit den diskutierten Schritten eigentlich bewirkt werden soll. Dabei brauchen die EU ebenso wie der Euroraum eine Vitalspritze. Zu labil ist die wiedergewonnene Stärke, zu groß das Risiko, dass ein neuer Konjunktur- oder sonstiger Rückschlag die Gemeinschaft wieder ökonomisch in Schwierigkeiten stürzt.
Finanzpolitiker bringen das gerne auf den Punkt: Die Kraft muss aus eigener Stärke kommen, Ergebnis von Reformen und Reformfähigkeit sein, nicht aber aufgrund von immer neuen Schulden. Allerdings hat die EU gleich zwei Mal Pakte geschlossen, um Haushaltsdisziplin sicherzustellen und Schuldenwachstum zu bremsen. Gedroht wurde oft, bestraft noch nie. Heute überwacht die Kommission die nationalen Etatrahmen und gibt Empfehlungen. Das war es dann aber auch. Es gibt mit anderen Worten kein Druckmittel, um Regierungen zu strategischer Politik anzuhalten.
Natürlich gibt es Beispiele, wie erfolgversprechend eine Politik ist, die nicht nur spart, sondern investiert, die aber ihre Grenzen beachtet anstatt sie ständig zu reißen. Dazu zählen Deutschland, die baltischen Länder – sogar einige aus dem Osten, wo ebenfalls Erfolgsgeschichten geschrieben werden. Aber es gibt immer noch die Risiko-Kandidaten wie Italien, Spanien, Portugal und – zumindest bis vor kurzem – Frankreich. Deren mangelnde Haushaltsdisziplin ist eben nicht nur ein Vorgang, der nur die eigene Staatsführung etwas angeht. Wenn die diversen Finanzkrisen etwas gezeigt haben, dann ist es die enge Verzahnung der Euro- und EU-Mitglieder. Trifft es einen, wanken auch andere.