Respekt, Jens Böhrnsen! Mit seinem überraschenden Verzicht auf eine erneute Kandidatur hat der Bremer Bürgermeister schnell und konsequent Verantwortung für das Wahldebakel der SPD übernommen. Das ist keineswegs selbstverständlich. Es gibt Politiker, die nach größeren Wahlschlappen trotzdem wie Pattex an ihrem Amt kleben.
Der gebürtige Bremer, nach eigener Charakterisierung „ein in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat“, hat die hanseatische SPD mit seiner nachvollziehbaren Ausstiegsentscheidung in schwere Seenot gebracht. Der Rückzug ihres beliebten Spitzenmannes trifft die Partei unvorbereitet. Einen Kronprinzen gibt es nicht. Frühestens in zwei Jahren sollte der Böhrnsen-Nachfolger präsentiert werden. Jetzt müssen die vom Wähler abgestraften Dauerregierer (seit 1946) von der Weser quasi über Nacht einen Ersatz für den scheidenden Bürgermeister finden. Gute Chancen werden Wirtschaftssenator Martin Günthner und dem Bundestagsabgeordneten Carsten Sieling eingeräumt.
Offen scheint auch, ob es zu einer Neuauflage des rot-grünen Bündnisses kommen wird. Eine Koalition aus SPD und CDU gilt mittlerweile ebenfalls als realistische Option. Bremen stehen turbulente Tage bevor. Das hatte bis Sonntagabend, 18 Uhr, niemand für möglich gehalten.