Beide Seiten – Israelis und Palästinenser – haben viel zu lang mit dem Feuer gespielt. Palästinensische Extremisten sind überzeugt, dass die Welt nicht untergeht, wenn sie ab und zu Raketen auf israelische Städte abfeuern. Israels Regierung glaubte, die Folgen der Besatzung fest im Griff zu haben. Hatte man nicht auch die letzte Intifada in die Knie gezwungen? Also weiter Siedlungen bauen. Selbst Pragmatiker wie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas versuchten die Quadratur des Kreises: Mit der Hamas schmusen und von Frieden sprechen, Zugeständnisse von Israel fordern und an Maximalforderungen festhalten.
Längst haben die Regierungen das Gewaltmonopol verloren. Es ist nicht die Hamas, die in vergangenen Tagen zig Raketen auf Israel abfeuerte, es sind kleine Splittergruppen, die dadurch Israel zur Vergeltung zwingen und einen Krieg auslösen könnten. Es waren nicht israelische Soldaten, die einen arabischen Jugendlichen aus Ostjerusalem ermordeten, sondern Bürger, die außer sich sind vor Wut über den Mord an drei israelischen Jugendlichen. Die Führung der Hamas in Gaza und Mahmud Abbas sind genauso wenig an einer Eskalation interessiert wie Israels Premier Benjamin Netanjahu. Die Hamas versucht, andere Gruppen zu maßregeln, Abbas hat die Entführung eindeutig verurteilt, Netanjahu schlägt nicht wild um sich und hat Gewalt jüdischer Siedler ebenfalls geächtet.
Doch das genügt nicht. Eine drastische Kursänderung ist nötig. Statt Netanjahus Gefasel von „wir haben keinen Partner“ bedarf es vertrauensbildender Maßnahmen. Statt mit Terroristen anzubandeln und Maximalforderungen zu stellen, muss Abbas die Erwartungen seines Volks auf ein realistisches Niveau zurückschrauben und es zu Koexistenz erziehen. Tritt diese Kehrtwende nicht ein, könnte das selbst geschürte Feuer beide Völker verschlingen.