Die Zukunft von Martin Schulz als SPD-Chef, das wird mit jedem Tag deutlicher, hängt am seidenen Faden. Je näher der Parteitag kommt, desto größer werden die Zweifel daran, dass er die in Trümmern liegende deutsche Sozialdemokratie wieder aufrichten kann. Dass ihm mit seinem Leitantrag zur inhaltlichen Erneuerung der Partei der erhoffte Befreiungsschlag gelingt, ist fraglich. Denn in dem Papier steht letztlich nur, über was die SPD nach Schulz‘ Meinung reden sollte. Konkrete inhaltliche Vorschläge macht er nicht, kann er auch gar nicht, wenn er ja die Basis über die künftige Linie entscheiden lassen will.
Doch dadurch kann eben auch nicht der Eindruck entstehen, dass Schulz die Zügel in der Hand hält, wie es Fraktionschefin Andrea Nahles betont. Gerade jetzt bräuchte die Partei mehr denn je eine vor Mut und Entschlossenheit strotzende Leitfigur. Schulz dagegen wirkt verzagt und kraftlos, wie soll es auch anders sein nach einer so demütigenden Niederlage als Kanzlerkandidat.
Mit konkreten Forderungen aufhorchen lassen derzeit andere Genossen. Olaf Scholz, eigentlich einer aus dem konservativeren Lager, macht sich die Forderung der Linkspartei nach einer Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro zu eigen. Und der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller sorgt mit seiner Idee des solidarischen Grundeinkommens, nach der es Sozialleistungen nur gegen gemeinnützige Arbeit geben soll, für Diskussionen.
Schulz hat es nicht geschafft, klar zu vermitteln, für was die Sozialdemokratie steht. So muss er fürchten, dass die Parteibasis nicht nur einen inhaltlichen, sondern auch einen personellen Neuanfang einfordert.