Noch nie war es so einfach, Finanzminister zu sein als heute. Wolfgang Schäuble wandelt durch einen Garten Eden, in dem Milch und Honig im Überfluss fließen, während seine Vorgänger 40 Jahre lang durch die Wüste ziehen und den Mangel verwalten mussten. Die Rekordsteuereinnahmen 2014 und die historische Niedrigzinspolitik der EZB sanierten den Etat auf der Einnahmen- wie der Ausgabenseite von alleine, Schäuble musste nur die Hand aufhalten und die Talerchen einsammeln. Schneller als erwartet hat die Regierung dadurch ihr Ziel erreicht, einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen.
Da weder ein Einbruch bei den Steuern noch ein schnelles Ende der Niedrigzinspolitik zu erwarten sind, ist die Ausgangslage so günstig wie schon lange nicht mehr, neue Akzente in der Steuer- und Finanzpolitik zu setzen. Wolfgang Schäuble kann nun beweisen, dass er auch das Zeug zu einem gestaltenden Finanzminister hat. Wann, wenn nicht in den fetten Jahren, können Bürger und Unternehmen entlastet, Subventionen gestrichen, bürokratische Hemmnisse und Auflagen gestrichen werden. Es würde sich lohnen.