Der Präsident diffamiert die Medien pauschal als „Feinde des Volkes“. Seine Justizbehörden bezichtigen einen Enthüller der Spionage, weil er Geheimdokumente veröffentlichte, die schwere Verfehlungen amerikanischer Soldaten belegen. In dem Drama um Wikileaks-Gründer Julian Assange geht es längst um mehr als den umstrittenen Aktivisten: Nicht weniger als die Pressefreiheit in den USA steht auf dem Spiel.
Es gibt viele gute Gründe, Assange als Person sehr kritisch zu sehen. Sein Aufklärungsdrang richtete sich stets gegen demokratische Regierungen, nie gegen autoritäre Regime. Vergewaltigungsvorwürfe stehen im Raum. Und schließlich lieferte er Donald Trump mit den von russischen Hackern gestohlenen Demokraten-Mails ohne Skrupel die Munition für dessen schmutzigen Wahlkampf gegen Hillary Clinton.
Ein Vorkämpfer der Freiheit und Transparenz ist Assange nie gewesen. Und auch kein Journalist. Doch seine Methode unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der Arbeit investigativer Reporter. Auch sie graben nach vertraulichen Papieren, und ihre Enthüllungen sind für die Kontrolle der Regierung von fundamentaler Bedeutung.
Mit der Anwendung des aus dem Ersten Weltkrieg stammenden Spionagegesetzes auf Assange würde ein brisanter Präzedenzfall geschaffen. Kein Enthüllungsjournalist könnte künftig sicher sein, dass ihm nicht das Gleiche droht, wenn er einen Skandal wie die Watergate-Affäre aufdeckt. Vor ein paar Jahren hätte man diese Warnung als Alarmismus abgetan. Unter Donald Trump ist die Gefahr beunruhigend real.