Das große Nervenflattern werden Deutschlands Mediziner nicht bekommen. Mit dem neuen Gesetz, das die Korruption im Gesundheitswesen eindämmen soll, schließt Justizminister Heiko Maas zwar eine Rechtslücke, weil es in Zukunft auch für niedergelassene Mediziner gilt und nicht nur für angestellte. Wo genau die Grenze zwischen kleinen Gefälligkeiten und offensichtlichen Bestechungsversuchen verläuft, bleibt aber weiter unklar.
Strafbar macht sich der Chirurg, dem der Hersteller für jede neue Herzklappe, die er einsetzt, eine kleine Prämie überweist. Besucht der gleiche Chirurg einen vom gleichen Hersteller bezahlten Kongress in einem teuren Golfhotel, bei der er sich ganz beiläufig über die neuesten Trends in der Herzklappenforschung informiert, wird er dafür nicht angeklagt, sondern sogar noch belohnt: Für solche Seminare und Quasi-Seminare gibt es häufig sogenannte Fortbildungspunkte. Diese Punkte braucht jeder Arzt, weil er mit ihnen nachweist, dass er sich regelmäßig weiterbildet.
In diesen Graubereich der Gesundheitspolitik dringt Maas mit seinem Gesetz nicht vor. Mit kostenlosen Computerprogrammen, hübschen Wochenend-Arrangements oder anderen kleinen Gefälligkeiten wird die Pharmaindustrie auch in Zukunft versuchen, Ärzte und Apotheker bei Laune zu halten. Das erfüllt zwar in den seltensten Fällen schon den Tatbestand der Korruption – wirft aber kein gutes Licht auf eine Branche, die jedes Jahr mehr als 300 Milliarden Euro bewegt. Experten schätzen, dass alleine den gesetzlichen Krankenkassen durch die Schattenwirtschaft im Gesundheitswesen bis zu 18 Milliarden Euro im Jahr verloren gehen – Geld, das am Ende die Versicherten mit ihren Beiträgen bezahlen.