Ein Mädchen legte neben Premierminister David Cameron gelangweilt ihren Kopf auf den Tisch, als wolle sie damit zeigen: Ich will nur noch schlafen. Das Foto, das in einer Grundschule bei einem Termin Camerons geschossen wurde, beschrieb große Teile des Wahlkampfs: Dasselbe Gefühl empfanden viele Wähler und zahlreiche Beobachter in den vergangenen Monaten. Persönliche Attacken auf politische Gegner, Warnungen vor Negativszenarien und Lappalien bestimmten den Wahlkampf.
Hinzu kamen die Spitzenkandidaten, die allzu oft austauschbar und abgehoben wirkten. Aus Angst vor Fehlern führten sie ihre Kampagnen vorsichtig und vorhersehbar, ohne Mut und ohne Leidenschaft. Weder Cameron noch Miliband oder der Liberaldemokrat Nick Clegg konnten so jedoch ihre Wähler wirklich erreichen.
Die Umfragen spiegelten den lustlosen Wahlkampf wider, sie prophezeien seit Monaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen, ohne dass sich eine Partei hätte absetzen können. Außer die schottischen Nationalisten unter der charismatischen Nicola Sturgeon. Sie wirbelte die Politik erfrischend durcheinander und hatte anders als die Vertreter der großen Parteien keine Angst vor Volksnähe.
Bis zuletzt prophezeiten alle Umfragen, dass keine Partei eine absolute Mehrheit erreichen würde. Trotzdem wollten die beiden Spitzenkandidaten sich und den Briten nicht eingestehen, dass sie ihren Wahlkampf an der politischen Realität vorbeiführten. Keine Koalitionen, keine Deals, keine Bündnisse – ja was denn dann? Morgen werden sie bei ihren Wählern zugeben müssen, dass sie doch Koalitionen, Deals, Bündnisse einzugehen vermögen. Und dürften damit schon kurz nach der Wahl ihre ersten Versprechen brechen.