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Standpunkt: Knast statt Ausreise
reda
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:10 Uhr

Das Phänomen ist neu und stellt eine gewaltige Herausforderung dar. Junge Menschen, sei es mit deutschem oder ausländischem Pass, verlassen das Land und ziehen, radikalisiert von Hasspredigern oder aufgepeitscht durch Videos im Internet, nach Syrien oder in den Irak, um sich den Terrormilizen des IS anzuschließen. Rund 600 Frauen und Männer haben dies bislang getan, rund 200 kehrten zurück. Man musste sie in der Regel ziehen lassen, denn niemand kann an der Ausreise gehindert werden, wenn er in Deutschland keine Straftat begangen hat oder sonst nichts gegen ihn vorliegt.

Das soll sich nach dem Willen der Bundesregierung nun ändern. Dem Kabinett liegt ein Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas vor, wonach schon das Planen einer Reise in ein Terrorcamp oder die Absicht, sich einer terroristischen Organisation anschließen zu wollen, eine Straftat darstellt und entsprechend bestraft werden kann. Knast statt Ausreise, heißt die neue Devise, womit die Bundesrepublik als eines der ersten Länder eine entsprechende UN-Resolution umsetzt.

Die Absicht ist klar, Deutschland soll sicherer werden, da von radikalisierten Rückkehrern eine erhebliche Gefahr ausgeht. Doch ob die Verschärfung des Gesetzes tatsächlich ein taugliches Mittel darstellt, ist fraglich. Denn die Ermittlungsbehörden müssen in jedem Einzelfall die konkrete Absicht nachweisen, beispielsweise durch eine entsprechende Botschaft auf Twitter oder einen Abschiedsbrief. Das aber ist aufwendig und bindet enorme Kräfte, die die Polizei nicht hat. Schon jetzt klagen die Ermittler, dass es ihnen an qualifiziertem Personal und an der notwendigen technischen Ausstattung fehlt. Zudem ist auch das bloße Wegsperren keine Lösung des Problems, viele Jugendliche radikalisieren sich im Knast erst recht.

Die Verschärfung des Strafrechts mag im Einzelfall abschreckend wirken, aber wer bereit ist, im Dschihad sein Leben zu opfern, lässt sich in der Regel von einer Gefängnisstrafe nicht beeindrucken. Wichtiger ist daher ein Ausbau der Prävention, um bereits im Vorfeld zu verhindern, dass sich junge Muslime überhaupt radikalisieren. Das nimmt die Eltern, aber auch die Imame und die muslimischen Verbände und Organisationen in die Pflicht. Die Verschärfung des Strafrechts kann nur das letzte Mittel sein. Sonst verkommt sie zur bloßen Symbolik.

 
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