Wer erinnert sich noch an den früheren PDS- und Linkspartei-Chef Lothar Bisky? Seine persönliche Integrität stand außer Frage, dennoch fiel er bei der Wahl zum Bundestagsvizepräsidenten 2005 viermal durch. Ihm wurde zum Verhängnis, dass er als Professor zur staatstragenden Elite des SED-Regimes gehörte, zudem gab es Vorwürfe, er habe als IM für die Stasi gearbeitet. Damit war er für eine Mehrheit der Abgeordneten nicht wählbar. Erst als Lothar Bisky seine Kandidatur zurückzog und die Linke Petra Pau nominierte, konnte auch diese Partei den ihr zustehenden Platz im Bundestagspräsidium besetzen.
So wie einst Lothar Bisky könnte es nun auch dem Kandidaten der AfD, Albrecht Glaser, ergehen. Im Grunde ist schon jetzt absehbar, dass der 75-jährige frühere Frankfurter Stadtkämmerer keine Mehrheit im Parlament hat, da ihn SPD, FDP, Grüne und Linke ablehnen. Der Anspruch der AfD, als drittstärkste Fraktion einen Vizepräsidenten zu stellen, wird dabei nicht infrage gestellt, es ist einzig die Person Glaser, die auf Ablehnung stößt.
Seine Äußerungen, der Islam sei keine Religion, sondern eine politische Ideologie, zudem könne man nicht zwischen Muslimen und Islamisten unterscheiden, mögen in der AfD weit verbreitet sein und bei ihren Anhängern auf begeisterte Zustimmung stoßen.
Doch von einem Vizepräsidenten des Bundestags wird mehr verlangt: Er darf nicht eine ganze Bevölkerungsgruppe pauschal diffamieren und somit die Gesellschaft weiter spalten, sondern er vertritt das gesamte Parlament nach außen. Mehr noch: Als Repräsentant des demokratischen Rechtsstaates muss er auch Minderheiten achten und hat integrierend zu wirken.
Die AfD tut gut daran, die Personalie Glaser in aller Ruhe nochmals zu überdenken, um sich ein parlamentarisches Desaster wie einst die Linke zu ersparen.