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Standpunkt: Glaubt die SPD noch an sich?
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 24.01.2018 03:08 Uhr

Ohne großes Drama geht es nicht. Die SPD macht es, wieder einmal, weder sich selber noch den Bürgern leicht. Ein Ja des 45-köpfigen Bundesvorstands und der Bundestagsfraktion mit ihren 153 Mitgliedern zum Sondierungsergebnis reicht nicht. Weil in dieser Partei schon seit langem jeder jedem misstraut und mit Wonne noch jeder Parteichef früher oder später demontiert wird, braucht die SPD auch noch einen eigenen Sonderparteitag, um den Weg für die eigentlichen Koalitionsverhandlungen frei zu machen.

Um seine widerspenstige Partei überhaupt dazu zu bringen, den Gesprächen mit CDU und CSU zuzustimmen, musste Parteichef Martin Schulz auf dem Parteitag im Dezember der Forderung nach Einberufung eines Sonderparteitags zustimmen. Was damals wie ein geschickter Schachzug aussah, um die Basis zu besänftigen, entpuppt sich nun als Pyrrhussieg von Schulz.

Wie er bei den Neuwahlen, die bei einem Nein des Parteitags am Sonntag unausweichlich sind, um die Stimmen der Wähler werben will, wenn die Partei hinterher partout nicht in eine Regierung eintreten will, bleibt sein Geheimnis, nachvollziehbar ist es auf jeden Fall nicht. So macht sich die SPD noch kleiner und noch schwächer als sie ohnehin noch ist.

Genauso naiv und weltfremd ist die Forderung nach Nachverhandlungen. Jedem in der SPD muss klar sein, dass sie nicht 100 Prozent ihres Programms durchsetzen kann und sie Kompromisse eingehen muss. Wenn führende Sozialdemokraten nun neue Verhandlungen fordern, düpieren sie damit nicht nur ihre eigenen Verhandlungsführer Martin Schulz und Andrea Nahles, sondern beschädigen auch den Ruf der SPD als seriöser, glaubwürdiger Partei, die zu ihrem Wort steht.

Vor allem muss die SPD aufhören, sich selber zu belügen. Es ist nicht die bösartige Angela Merkel, die ihr die Themen wegnimmt und sie marginalisiert, sie ist es selber, die nicht weiß, was sie will, auf die falschen Themen setzt und nur lamentiert, statt beherzt regiert. Das hat ihr Oskar Lafontaine schon vor mehr als zwei Jahrzehnten ins Stammbuch geschrieben: Nur wer von sich selbst überzeugt ist, kann auch andere überzeugen. Wer aber nicht einmal mehr an sich selber glaubt, hat sich schon aufgegeben.

 
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