zurück
Standpunkt: Ein Zeichen über Hessen hinaus
Rudi Wais
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 17.12.2013 19:36 Uhr

Der Weg war weit, vor allem für Volker Bouffier. Vor fünf Jahren, in Hamburg, war die erste schwarz-grüne Koalition auf Länderebene kein allzu großer Kulturschock – mit Ole von Beust saß ihr ein liberaler, weltoffener, großstädtisch geprägter Christdemokrat vor.

Die hessische CDU dagegen ist der konservativste Landesverband der Partei und ihr Ministerpräsident der Wortführer des rechten Flügels. Wenn einer wie er das Experiment Schwarz-Grün wagt, ist das nicht nur aus der politischen Not geboren und dem Wahlergebnis geschuldet. Es ist ein Zeichen, weit über Hessen hinaus.

Ausgerechnet an dem Tag, an dem die Große Koalition in Berlin ihren Dienst antritt, steht knapp 600 Kilometer entfernt das bislang einflussreichste Bündnis aus Union und Grünen: Hessen ist kein Stadtstaat wie Hamburg, sondern ein Flächenland, keine politische Provinz wie das Saarland, wo die Union gute zwei Jahre mit Grünen und Liberalen gemeinsam regierte, sondern eines der wirtschaftsstärksten Bundesländer mit dem Finanzplatz Frankfurt im Zentrum.

Sollte Schwarz-Grün hier nicht ähnlich grandios scheitern wie einst in Hamburg, ist Bouffiers Koalition zwangsläufig ein Modell für die Bundestagswahl 2017.

Dass sich beide Parteien im Streit um den Frankfurter Flughafen, die Landesfinanzen und die Bildungspolitik inhaltlich aufeinanderzubewegt haben, spielt dabei nur am Rande eine Rolle – das müssen Koalitionspartner in anderen Konstellationen auch. Der Charme der hessischen Lösung ist vor allem strategischer Natur.

Je weniger sie sich auf die FDP verlassen kann, umso dringender braucht die Union eine Alternative zur Großen Koalition – während die Grünen sich umgekehrt aus ihrer Abhängigkeit von der SPD befreien müssen.

So kommt nach Jahrzehnten des Lager- und des Blöckedenkens nicht nur neuer Schwung in die deutsche Politik, sondern im Idealfall auch eine neue Kreativität.

Volker Bouffier hätte auch mit den Sozialdemokraten in Hessen koalieren können. Dass er sich am Ende für die Grünen und ihren pragmatischen Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten Tarek Al-Wazir entschied, dürfte nun vor allem der SPD zu denken geben.

Je besser Schwarz-Grün auf Landesebene funktioniert, umso schwieriger wird es in Zukunft für die Sozialdemokraten werden, in Regierungsverantwortung zu kommen. Nicht nur in den Ländern, sondern auch im Bund.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Rudi Wais
CDU
FDP
Große Koalition
Liberalismus
Ole von Beust
SPD
Volker Bouffier
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen