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Standpunkt: Ein starkes Parlament
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 07.06.2019 02:11 Uhr

Das Europäische Parlament gibt sich kämpferisch. Denn das ist seine Stunde: Die Abgeordneten sind aus einer Wahl hervorgegangen, bei der Europas Bürger zwar die EU gestärkt haben, aber zugleich doch auch ihre Unzufriedenheit zeigten – entweder durch die Wahl rechter und nationalistischer Politiker. Oder durch den schwindenden Zuspruch für die etablierten Volksparteien.

Es wäre fatal, wenn nun der Eindruck entstünde, man könne einfach zur Tagesordnung übergehen und sich vor allem mit der Verteilung lukrativer Spitzenjobs befassen. Wer auch immer am Ende aus der Kür als neuer Präsident der EU-Kommission oder als EU-Ratspräsident, als Parlamentschef oder als Hoher Beauftragter für die Außen- und Sicherheitspolitik hervorgeht – er muss für eine Union stehen, die dem Wähler zeigt: Wir haben euren Denkzettel verstanden.

Das mag man an einem ehrgeizigen Klimaschutzprogramm festmachen, an hochfliegenden Plänen für eine Sozialunion oder an einer Programmatik, die verloren gegangene Solidarität wieder herzustellen. Aber in diesen Tagen müssen die Eckpfeiler eingeschlagen werden, die für jeden Präsidenten und jede Institution in den kommenden fünf Jahren gelten.

Dazu gehört aber auch das Ernstnehmen jener demokratischen Spielregeln, für die das Parlament zu stehen hat. Die Vorstellung, dass die großen Parteienfamilien einen Spitzenkandidaten ins Rennen schicken und ihn wochenlang als Inkarnation ihrer EU-Politik feiern, ihn nach der Wahl aber fallenlassen und ins Abseits schieben, hat etwas Gespenstisches. Es wäre dem Wähler auch nicht plausibel zu machen.

Insofern war es richtig, dass die Fraktionschefs am Dienstag noch vor den Staatenlenkern klargemacht haben: Entweder ihr haltet euch an den eingeschlagenen Weg und schlagt uns nur jemanden vor, der auch zuvor Spitzenkandidat war – oder wir lehnen euren Bewerber ab. Alles andere würde das Parlament endgültig zu einem hörigen Erfüllungsgehilfen des elitären Gipfelclubs machen.

Und das darf erst der Anfang eines neuen Selbstbewusstseins der Volksvertreter sein. In dieser Legislaturperiode muss auch der letzte Schritt getan werden, um dem Abgeordnetenhaus ein immer noch ausstehendes, aber doch so selbstverständliches Recht zu geben: Es kann nicht sein, dass allein die EU-Kommission Gesetzesvorschläge vorlegen darf.

 
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