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Standpunkt: Ein deutliches Signal
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 12.02.2018 03:09 Uhr

Das Jahr 2025 wird mehr und mehr zum Symbol der europäischen Propheten. Schon einmal tauchte es in einer Rede des Kommissionspräsidenten auf – als Zeitpunkt, zu dem (fast) alle EU-Mitgliedsstaaten mit dem Euro zahlen. Nun ist es wieder da – als der Moment, in dem die europäische Familie Zuwachs bekommen könnte. Jean-Claude Juncker und seine Kommission verabreichen dem von Brexit und Schuldenkrise angeschlagenen Ego der Union eine Dosis Zuversicht: Der Westbalkan, so hätte er es gerne, hat sich endgültig für die Gemeinschaft entschieden.

Zeit also, um neue Mitglieder aufzunehmen. Vielleicht Serbien und Montenegro. Danach Mazedonien, Albanien und am Ende auch Bosnien-Herzegowina und das Kosovo. Noch ist das kein Plan, sondern nur ein Traum. Das ehemalige Jugoslawien zerfallen, neu geordnet und stabilisiert, dem Zugriff Moskaus und Pekings entwunden und am Tisch in Brüssel im Kreis einer bis dahin gestärkten EU-Familie. Das mag so sein.

Aber nicht einmal die Kommission verschließt die Augen vor der Realität. Denn diese Länder sind noch lange nicht das, was man beitrittsreif nennt – weder innenpolitisch, noch rechtsstaatlich. Und schon gar nicht außenpolitisch, was ihre Beziehungen untereinander betrifft. Nicht einmal das oft gelobte Serbien hat den größten Teil der Wegstrecke nach Europa zurückgelegt. Ein Präsident aus dem Nachlass des einstigen Kriegstreibers Slobodan Milosevic an der Spitze, der zwar voller Hingabe für die Union schwärmt, aber Werte wie Pressefreiheit und Minderheitenschutz von sich weist.

Dennoch hat Brüssel recht. Nicht nur die Union selbst, auch die Anwärterstaaten, die teilweise noch nicht einmal den lukrativen Kandidatenstatus haben, brauchen eine neue Blickrichtung. Vor allem, um die Kraft für Reformen aufbringen zu können. Die EU weiß, dass ihr nie wieder passieren darf, was mit der Aufnahme Rumäniens, Bulgariens und Kroatiens passiert ist: eine Erweiterung auf der Grundlage von (leeren) Versprechungen, noch nicht vollzogener Umbauten in Gesellschaft und Staat.

Bürokratie, Korruption, nicht überwundene Gräben innerhalb der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen – das sind Defizite, die man nicht erst in der Gemeinschaft, sondern vorher überwunden haben muss. Dass ein Sitz in Brüssel große Anziehungskraft hat, weil er mit Fördermilliarden verbunden ist, stimmt. Aber Hunger nach Infrastrukturmitteln alleine bleibt zu wenig.

 
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