Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stößt mit ihren Plänen für eine attraktivere Bundeswehr auf Kritik und Häme. Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, rügte im „Focus“, die Ressortchefin habe „ganz offensichtlich keine Ahnung vom Militär“. Sie komme ihm vor „wie eine gute Hausfrau, die ihre Kinder versorgt“. Von der Leyen solle sich lieber um die wirklich wichtigen Dinge kümmern, wie vernünftige Ausrüstung für die Soldaten.
Auch die Opposition äußerte Zweifel an dem Vorhaben. Von der Leyen will in den nächsten fünf Jahren 100 Millionen Euro investieren, um die Bundeswehr zu einem der attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands zu machen. Sie hatte dazu am Freitag einen Katalog mit 29 Projekten vorgelegt: Geplant ist etwa, die Kinderbetreuung auszubauen, Bundeswehrangehörigen mehr Teilzeit- und auch Heimarbeit zu ermöglichen und Soldaten in Zukunft seltener zu versetzen. Unterkünfte sollen modernisiert und neu eingerichtet werden, Fernseher und Kühlschränke gehören nach von der Leyens Plänen bald zur Standardausstattung. Soldaten im Einsatz sollen besser Kontakt zu ihren Familien halten können – durch kostenloses Telefonieren und Surfen im Internet. Für Führungskräfte soll es künftig deutlich bessere Schulungen geben. Die Pläne sorgen in den Reihen der Bundeswehr aber für Unmut.
Image von „Weicheiern“
„Die Ministerin verpasst uns mit dieser Agenda das Image von Weicheiern und Warmduschern“, zitierte der „Focus“ einen hochrangigen Offizier aus dem Ministerium. Kujat zerpflückte das Programm: „Da sind echte Laien am Werk“, sagte der frühere General. Das Programm sei eher eine Ideensammlung. „Und es wirkt auf mich, als sei diese Ideensammlung von Leuten erstellt worden, die die Bundeswehr nicht kennen.“ Neben einigen sinnvollen Dingen steckten darin überflüssige oder sogar schädliche Maßnahmen. Er halte beispielsweise nichts von der Schulung der Bundeswehr-Führungskräfte durch Spezialisten von außen. Bei der Aufstellung gehe es leider um alles Mögliche, aber nicht um die Einsätze, rügte Kujat. „Viel mehr als mit einer Kindertagesstätte wäre der Familie eines Soldaten geholfen, wenn sie wüsste, dass alles für seine Sicherheit im Einsatz getan wird“, sagte er. „Dafür braucht es die bestmögliche Ausrüstung. Das Material der Bundeswehr aber veraltet immer mehr. Hier müsste dringend gehandelt werden.“
Die Linke wiederum sieht die Auslandseinsätze selbst als Grund für die Rekrutierungsprobleme beim Militär und hält das Programm daher für wenig nützlich. „Die mangelnde Attraktivität der Bundeswehr hat nichts mit fehlenden Flachbildschirmen zu tun, sondern mit den Auslandseinsätzen“, sagte die Linke-Politikerin Christine Buchholz. Die Projekte sollen aus dem bestehenden Verteidigungshaushalt finanziert werden. Auf den Steuerzahler kommen also zunächst keine zusätzlichen Kosten zu. Nach Einschätzung der Grünen steht hinter der Finanzierung aber ein großes Fragezeichen.
Vermessenes Versprechen
„Im Etat für 2014 sind Flat-Screens, Minikühlschränke und Garderobenspiegel nicht vorgesehen“, sagte Verteidigungsexpertin Doris Wagner. Problematisch sei auch, dass die Ministerin auf Vorschläge zur Frauenförderung verzichte.
Nicht ganz überzeugt von der Agenda ist allerdings auch der Koalitionspartner. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold äußerte sich skeptisch zu den Erfolgschancen. Die Bundeswehr zu einem der attraktivsten Arbeitgeber zu machen, sei ein vermessenes Versprechen, sagte er.