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BERLIN
Spitze der Bundespolizei muss gehen
Von unserem Redaktionsmitglied Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 26.04.2023 18:29 Uhr

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will die Spitze der 40 000 Mann starken Bundespolizei auswechseln. Matthias Seeger hatte seit vier Jahren als erster Präsident das neue Bundespolizeipräsidium in Potsdam geleitet. Auch die Stellvertreter Wolfgang Lohmann und Michael Frehse sollen gehen. Seegers Nachfolger wird der Referatsleiter für Terrorismus-Bekämpfung im Innenministerium, Dieter Roman.

Seeger hatte sich den Unmut des Innenministers zugezogen, als er sich 2011 dagegen sperrte, seine Behörde mit dem Bundeskriminalamt zusammenzulegen. In Berlin wurde aber auch über Verbindungen zu Ermittlungsbehörden in Weißrussland spekuliert. Seeger selbst bezeichnete sie als „rein dienstlich“.

Gewerkschaft der Polizei (GdP) und Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) kritisierten die Ablösung vehement. „Die in der Öffentlichkeit kolportierten Ablösungsgründe sind unzutreffend und der Stil der scheibchenweisen, öffentlichen persönlichen Rufbeschmutzung eines Spitzenpolizisten wie Seeger mit falschen Verdächtigungen vollkommen inakzeptabel,“ erklärte der Vorsitzende des Bezirk Bundespolizei der GdP, Josef Scheuring. „Natürlich müssen Spitzenkräfte damit rechnen, aus Vertrauensgründen ihren Hut zu nehmen, wenn die gesetzten Erwartungen nicht erfüllt werden. Aber nicht auf so niederträchtige Art über Monate.“

Der Volkacher Bundestagsabgeordnete Frank Hofmann, Innenexperte der SPD im Bundestag, sieht den Innenminister auf einem falschen Weg: „Da rollen einfach Köpfe, wo politische Führung gefragt wäre.“ Mit Seeger müsse bereits der dritte der vier Chef der Sicherheitsbehörden des Bundes gehen, nach Ernst Uhrlau (Bundesnachrichtendienst) und Heinz Fromm (Bundesamt für Verfassungsschutz). Auch der Vertrag von Jörg Ziercke, Chef des Bundeskriminalamtes, werde wohl nicht verlängert. „So kann man keine Personalpolitik machen“, warnt Hofmann. „Wenn es da mal kracht, sind die neuen Chefs noch gar nicht aufeinander eingespielt .“

Hofmann wies auf zwei wissenschaftliche Studien der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Technischen Universität Chemnitz hin. Beide halten den Zustand der Bundespolizei in Folge der Reformen seit 2006 für dringend verbesserungsbedürftig. Beide drängten auf Abhilfe und schlugen Lösungen vor – ohne dass die politisch Verantwortlichen im Bundesinnenministerium, im Innen- und Haushaltsausschuss des Bundestages jedoch die notwendigen Umsteuerungen bisher vorgenommen hätten, sagt Hofmann.

Gerade die wachsende Kluft zwischen immer neuen Aufgaben im In- und Ausland (zuletzt die Übertragung der Frachtkontrolle) bei immer weniger verfügbarem Personal und Geld bei gleichzeitig schlechteren Berufsperspektiven „führte zu extremer Überlastung und massivem Frust“, weiß Hofmann. Die Zeche zahle der Bürger: Erst seien Polizisten an der tschechischen Grenze abgezogen worden, dann der Drogenhandel mit Crystal Speed sowie Kfz-Verschiebungen erkennbar angestiegen

Der innenpolitische Experte der CDU, Wolfgang Bosbach sagt: „Bei keiner anderen Sicherheitsbehörde des Bundes hat es in 20 Jahren so viele organisatorische Veränderungen gegeben.“ Die neue Führung und die Politik müssten dafür sorgen, „dass sich die Bundespolizei wieder zu 100 Prozent auf ihre Kernaufgabe, die Gewährleistung der Sicherheit, konzentrieren kann“. Sein FDP-Kollege Serkan Tören erklärte: „Für einen Neuanfang sind angesichts vieler Verfehlungen personelle Veränderungen unerlässlich.“

 

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