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LEMGO
„Spielen ist ein kindliches Grundbedürfnis“
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 23.12.2015 12:20 Uhr

Axel Dammler, geboren 1965 in Lemgo, hat Kommunikationswissenschaft studiert und ist seit 1992 als Jugendforscher tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er diverse Studien für renommierte Kunden aus den verschiedensten Branchen erstellt. Seit 1999 ist er Geschäftsführer von iconkids & youth, dem größten deutschen Spezialinstitut für Kinder- und Jugendforschung in München. In diesem Jahr gehörte er zum Trend-Komitee der Spielwarenmesse in Nürnberg. Dammler lebt mit Frau und zwei Töchtern in München.

Frage: Spielen Kinder heute weniger als früher?

Axel Dammler: Die Kinder heute spielen definitiv weniger. Sie gehen viel früher in eine Krippe oder besuchen eine Kindertagesstätte und auch die Schulzeit hat sich durch Mittagsangebote und die Ganztagsschulen verlängert. Das heißt, für die Kinder bleibt wesentlich weniger Zeit für das freie Spiel daheim.

Warum ist Spielen für Kinder so wichtig?

Dammler: Spielen ist ein kindliches Grundbedürfnis und eigentlich kein Spaß, denn beim Spielen erlernen Kinder im Grunde alles, was sie im Leben brauchen. Ob es Körperbeherrschung und Feinmotorik sind oder auch die soziale Kompetenz: Das erlernen Kinder quasi nebenher, während sie spielen. Deswegen ist es ja auch so wichtig, dass die Kinder möglichst vielseitig spielen: Jedes Spiel birgt andere Qualitäten und stellt die Kinder vor eigene Herausforderungen.

Was spielen Kinder heute am liebsten?

Dammler: Jungs lieben nach wie vor Konstruktionsspiele und Autos. Lego ist es in den letzten Jahren gelungen, mit Themen wie „Star Wars“ oder „Ninjago“, auch klassisches Spielzeug attraktiv zu gestalten. Bei den Mädchen liegen mit Abstand die Puppen auf Platz eins. Puppen sind zeitlos und werden immer gekauft und verschenkt. Ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht.

Eltern achten verstärkt auf den Lerneffekt von Spielwaren. Mögen Kinder Lernspiele?

Dammler: Das Schlimmste, was Hersteller tun können, ist, ein Spiel als Lernspiel zu bezeichnen. Kinder lernen bei jedem Spiel. Bei Rollenspielen, Konstruktionsspielen, Brettspielen . . . Das Beste ist, wenn sie gar nicht merken, dass sie beim Spielen etwas lernen. Dann ist das Spiel mit Sicherheit erfolgreich.

Spielwaren und Helden aus der Kindheit der Eltern erleben ein Revival. Welche sind das?

Dammler: Ein gutes Beispiel hierfür ist Lego „Star Wars“. Die Vätergeneration hat Star Wars ab 1978 im Kino gesehen. Heute freuen sich diese Väter, wenn sie das Universum beim Spielen mit ihrem Sohn noch einmal erleben. Aber Eltern gucken auch im Fernsehen gerne mit ihren Kindern „Pippi Langstrumpf“ oder „Biene Maja“.

Playmobil oder Lego?

Dammler: Kindern ist das oft egal. Sie stellen auch ein Lego-Pferd in einen Playmobil-Stall oder umgekehrt. Beide Marken sind seit vielen Jahren sehr erfolgreich. Deutsche Eltern kaufen sehr gerne solche System-Spielzeuge, wie auch Barbie, Schleich oder Brio (Eisenbahn). Dies alles ist Qualitätsspielzeug, das sehr langlebig ist und zu dem man immer wieder Neues dazukaufen kann, um den Spielwert weiter zu erhöhen.

In den letzten Jahren ging der Trend stark zu digitalen Spielen. Ist dieser Trend ungebrochen?

Dammler: Der Trend geht zu beidem: elektronische und konventionelle Spiele. Interessant finde ich, dass Spiele wie „Angry Birds“, die es zunächst nur für Smartphones gab, heute auch als Brettspiel erhältlich sind. Sehr stark wächst der Markt an „Apps“, allerdings sind nur die wenigsten Kunden bereit, Geld dafür zu bezahlen. So erscheint uns 4,99 Euro für ein Handy-Game schon sehr teuer, wogegen 50 Euro für ein Computerspiel akzeptabel sind.

Gibt es die klassischen Brett- und Kartenspiele noch?

Dammler: Der Trend zu Brett- und Kartenspielen ist ungebrochen, denn das sind die klassischen Familienspiele. Kinder spielen sie vor allem mit ihren Eltern oder Großeltern und sie lieben das gemeinsame Spiel. Es ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Eltern und Kindern.

Halten Sie es für richtig, dass auf der Spielwarenmesse auch immer mehr Spiele für sogenannte Best Ager, also die Altersklasse der Senioren, vorgestellt werden?

Dammler: Der demografische Wandel ist schuld daran: Es wird in Zukunft immer weniger Kinder und immer mehr Senioren geben. Daher ist es klug, wenn Spielwarenhersteller auch an andere Zielgruppen denken. Die Firmen dürfen nur nicht den Fehler machen und „Seniorenspiel“ oder „Für Best Ager“ darauf schreiben. Generell hält spielen jung und trainiert das Gehirn.

Wie ist der Erfolg von MyBoshi-Mützen zu erklären?

Dammler: Stricken und Häkeln sind im Trend – zwar nur bei einer kleinen Zielgruppe, aber bei dieser wird das auch noch so bleiben. Ich nenne solche Phänomene urbane Trends, die es immer mal wieder an die Spitze schaffen. Der MyBoshi-Trend geht mit einer allgemeinen Handarbeitsbewegung einher.

Was ist oder war Ihr persönliches Lieblingsspielzeug?

Dammler: Mein Lieblingsspielzeug ist und bleibt Lego. Ich habe zuletzt den Eiffelturm gebaut. Derzeit wartet die Sydney-Oper auf mich. Mit meinen Kindern spiele ich gerne „Die Siedler von Catan“.

 
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