Für die Frau und vier Kinder des Polizisten Christoph R. endete Weihnachten auf die brutalstmögliche Weise: Der 46-jährige Familienvater starb an sieben Messerstichen bei einer Kontrolle in der Regionalbahn in Herborn (Hessen). In Deutschland ist der Aufschrei und die Hilfsbereitschaft groß, manche Reaktionen machen aber auch fassungslos.
Viele Menschen wollen den Angehörigen von Christoph R. helfen. Die Markus-Paul-Stiftung e.V. (gegründet zur Hilfe für die Opfer jugendlicher Straftäter) richtet sich mit einem Spendenaufruf an die Hilfsbereiten, die der Witwe des getöteten Polizisten, seinen vier Kindern und der Familie seines verletzten Kollegen beistehen wollen. In Hessen fahren Einsatzfahrzeuge mit einem Trauerflor.
1,5 Promille Alkohol
Der mit 1,5 Promille alkoholisierte Tatverdächtige hatte sich gegen 7 Uhr in einem Regionalexpress der Hessischen Landesbahn kurz vor Herborn einer Fahrscheinkontrolle widersetzt. Als zwei von dem Zugbegleiter alarmierte Polizeibeamte am Bahnhof eintrafen, stach der Mann mit einem Klappmesser mehrfach zu.
Sieben Stichverletzungen erlitt Christoph R. Davon sei eine im Hals-Schulter-Bereich des 46-Jährigen tödlich gewesen, berichtet die Staatsanwaltschaft. Beim Angriff des 27-jährigen Vorbestraften wurde ein weiterer Beamter schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter wurde angeschossen, gegen ihn erging Haftbefehl wegen Mordverdachts.
Laut „Bild“ soll sich der Tatverdächtige Patrick S. auf seinem Facebook-Profil als Fighter“ (englisch für Kämpfer) und „Sicario“ (italienisch für „Auftragsmörder) bezeichnet haben. Außerdem soll er unter anderem Bilder von Pistolen, einer Kampfaxt oder einem Selfie mit Bierdose und dem Spruch „Thug Life 24/7", also: „Rund um die Uhr Verbrecher“ gepostet haben. Der Mann, der ins Haftkrankenhaus in Kassel verlegt wurde, hat sich auch zwei Tage nach der Tat laut Staatsanwaltschaft noch nicht geäußert.
Solidarität mit dem Polizistenmörder
Für Aufsehen und Empörung sorgte die linksextreme Seite indymedia, in der ein „Zeiti“ zur „Solidarität mit dem Polizistenmörder“ aufrief. „Ich finde es ekelerregend, dass ein Mensch der gerade auf Bewährung ist und Weihnachten mit dem Zug fahren möchte (ob er eine Fahrkarte hatte oder nicht ist mir scheissegal), kontrolliert werden muss,“ schreibt er. Nach vielen nicht druckreifen und teils wirren Sätzen fordert der Autor Bewegungsfreiheit, Abschaffung von Ticket-Kontrollen und der Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch zu hohe Fahrpreise und langen Wartezeiten an Feiertagen. „Wer das nicht versteht, der gehört ZU RECHT abgestochen oder ermordet!“
Der Schreiber erntete heftige Proteste: „„Es gibt auch Grenzen, und die sind hier überschritten,“ sagt dazu erzürnt ein ranghoher Polizeibeamter aus Unterfranken, der immer wieder an vorderer Stelle bei Demos, Aufmärschen rechter oder linker Gruppen oder bei der Fanbetreuung gewaltbereiter Fußballfans im Einsatz ist. Auf Facebook wurde „Zeiti“ geraten: „ versuche es mal mit Tütensuppen statt mit Tüten rauchen,“ und „Erzählst du das auch der Frau und den Kindern des ermordeten Polizisten?“
Immer wieder seien Polizisten bei ihrer täglichen Arbeit gewaltsamen Attacken ausgesetzt, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, am Freitag in Berlin. Selbst einfache Personenkontrollen würden "dann urplötzlich zu Gewaltausbrüchen", vor denen sich die Beamten kaum schützen könnten.
Verlust der Bürgernähe droht
Wendt äußerte die Befürchtung, dass diese Entwicklung auch Konsequenzen für das Einsatzverhalten der Beamten notwendig machen könnte: "Die Beamten werden misstrauischer, vorsichtiger und das könnte das Bild der Polizei verändern, weil Bürgernähe verloren geht."
Die unterfränkischen Polizeibeamten sind über die Tat an Heiligabend bestürzt, sagt Pressesprecher Michael Zimmer: "Herborn ist bei uns ganz klar das beherrschende Gesprächsthema." Doch nicht nur in den Dienststuben, auch in den sozialen Netzwerken. "Im Netz sehe ich viele Kollegen, die Anteil nehmen, die dazu schreiben."
Um - so gut es geht - auf ähnliche Situationen vorbereitet zu sein, helfen den Polizisten Einsatz-Trainings, bei denen Attacken durchgespielt und die richtigen Verhaltensweisen geübt werden. Zwar sind laut Zimmer unbewaffnete Angriffe in der Region weit häufiger, jedoch werden auch bewaffnete Attacken durchgespielt - etwa mit Messern. Besonders wichtig dabei: Distanz zum Angreifer schaffen und halten. "Viermal im Jahr ist das Training für die Kollegen, die auf der Straße unterwegs sind, Pflicht."
Doch trotz aller Trainings-Einheiten: Gegen Angriffe, wie sie nun in Herborn geschehen sind, könne man sich letztlich niemals hundertprozentig schützen. "Ein Restrisiko bleibt."
Auf der Seite der Markus-Paul-Stiftung heißt es : Aufgrund der Nachfrage, wie man die Familien der Kollegen unbürokratisch unterstützen kann, hier unser Spendenkonto:
Bankverbindung für Spenden:
Volksbank Kurpfalz H+G
Kto-Nr. 0079867004, BLZ: 67290100
IBAN: DE61 6729 0100 0079 8670 04
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Verwendungszweck: "Spende Herborn"