Die SPD will den Reichen tiefer in den Geldbeutel fassen und die Vermögenssteuer wieder einführen. Damit sorgen die Genossen nicht nur bei der FDP für helle Aufregung. Auch die Koalitionspartner von CDU und CSU schäumen vor Wut angesichts des Plans des kommissarischen SPD-Chefs Thorsten Schäfer-Gümbel. Wenn es nach ihm geht, soll der Staat jährlich rund zehn Milliarden Euro von seinen wohlhabendsten Bürgern kassieren.
Der Hesse hat ein Konzept erarbeitet, das nach seiner Darstellung vor allem Multimillionäre und Milliardäre ins Visier nimmt. Der „Rheinischen Post“ sagte er: „Nach unseren Vorstellungen sollen diejenigen, die gerade in den vergangenen Jahren überproportional von der wirtschaftlichen Lage, selbst in der Finanzmarktkrise 2008/2009, profitiert haben, einen größeren Beitrag für die nötigen Investitionen leisten – also für die Infrastruktur, fürs Wohnen und für den Klimaschutz.“ Am Montag will Schäfer-Gümbel sein Konzept in das SPD-Präsidium einbringen. Auf dem Parteitag im Dezember soll es dann beschlossen werden.
Seit 1997 wird die Vermögenssteuer nicht mehr erhoben, weil das Bundesverfassungsgericht umfangreiche Bedingungen an die Steuer geknüpft hatte. Doch seit Jahren fordert die SPD ihre Wiedereinführung. Schäfer-Gümbel ist Vorsitzender einer parteiinternen Kommission zur Vermögensbesteuerung, die 2017 eingerichtet wurde. Allein im kommunalen Bereich fehlten Investitionsmittel von 150 Milliarden Euro, so begründet der kommissarische SPD-Chef seine Forderung. Sein Konzept orientiere sich am Modell der Schweiz und sehe auch die Einbindung von Kapitalgesellschaften vor. Vorgesehen seien demnach auch Regeln, „die bei wirtschaftlicher Schieflage zusätzliche Probleme verhindern“.
Freibeträge sollten dafür sorgen, dass die Steuer erst ab einem bestimmeten Vermögen fällig würde. In anderen Ländern existierten bereits Vermögenssteuern, die weit über dem lägen, was die SPD für Deutschland plane. In den USA vier Prozent, in Frankreich und Großbritannien noch darüber. Schäfer-Gümbel: „Wenn wir die Vermögensteuer mit einem Prozent einführen, sehe ich nicht, dass das deutschen Unternehmen international schaden würde.“
Die Kritik am SPD-Vorstoß ließ indes nicht lange auf sich warten. CDU/CSU-Finanzobmann Hans Michelbach sagte: „Das ist Klassenkampf mittels Steuerpolitik, wie wir es auch schon bei der SPD-Verweigerung einer vollständigen Soli-Abschaffung erleben.“ Der CSU-Politiker giftete: „Dahinter verbirgt sich offenbar aber auch die verzweifelte Hoffnung, solche Klassenkampf-Parolen mögen sich bei den anstehenden ostdeutschen Landtagswahlen in Prozentpunkte für die SPD verwandeln.“ Die SPD-Forderung sei eine „innergesellschaftliche Kriegserklärung, mit dem Ziel, die Gesellschaft zu spalten und Teile der Gesellschaft zu verunglimpfen.“ Dass es mit der Union eine Wiederauflage der Vermögenssteuer geben könne, schloss Michelbach aus.
Ganz ähnlich sieht es die FDP. Fraktionsvize Michael Theurer wirft Schäfer-Gümbel einen „Griff in die sozialistische Mottenkiste“ vor. Die FDP lehne die Vermögenssteuer ab, weil sie die Substanz von Unternehmen belaste und damit kontraproduktiv sei.
Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagte dagegen zu unserer Redaktion: „Fakt ist, dass kaum ein Land Vermögen so gering besteuert wie Deutschland. Wenn man sich Frankreich, Großbritannien und die USA anschaut, nehmen die das Vierfache aus vermögensbezogenen Steuern ein. Deutschland besteuert hingegen Einkommen aus Arbeit relativ hoch.“ Der DIW-Chef weiter: Ökonomisch ist das Unfug, weil man will ja, dass sich Arbeit lohnt. Wir haben da eine Unwucht.“