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BERLIN/HANNOVER
SPD-Chef Gabriel wird Edathy nicht los
reda
 |  aktualisiert: 01.06.2015 19:17 Uhr

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat es nicht geschafft. Anders als wiederholt von ihm gefordert, muss Sebastian Edathy die Partei nicht verlassen. „Ein erheblicher Verstoß gegen die Grundsätze oder die Ordnung der SPD liegt nicht vor und allein durch sein Verhalten ist kein schwerer Schaden für die Partei entstanden“, urteilt die Bezirksschiedskommission der SPD Hannover am Montag und widerspricht damit der Argumentation der Parteispitze.

Doch auch der ehemalige Bundestagsabgeordnete Edathy gehört an diesem Tag nicht zu den Gewinnern. Ausgerechnet im 25. Jahr nach seinem Eintritt in die Partei am 1. Mai 1990 entzieht ihm sein heimatlicher Bezirksverband für drei Jahre alle Rechte als Parteimitglied. Edathy darf in dieser Zeit weder für ein Amt kandidieren noch an parteiinternen Veranstaltungen oder Abstimmungen teilnehmen – die höchstmögliche Strafe im Parteiordnungsverfahren vor dem Ausschluss.

Wird Berufung eingelegt?

So unterschiedlich die Erwartungshaltungen der Konfliktparteien in dieser Frage auch sind, in ihren Reaktionen zeigt sich eine seltene Einmütigkeit: Sowohl der Bundesvorstand als auch Edathy teilen kurz nach Bekanntwerden mit, nun zu prüfen, ob sie die Entscheidung akzeptieren oder doch die Bundesschiedskommission anrufen. Eine solche Berufung muss innerhalb von zwei Wochen eingelegt werden.

„Wir haben uns bemüht, ein wirklich faires Verfahren durchzuführen – dazu gehört die Unschuldsvermutung“, sagt der Kommissionssprecher und frühere Richter Jürgen Dietze am Montag nach der mehrstündigen Beratung der Schiedskommission in der Zentrale der Niedersachsen-SPD in Hannover. Es ist definitiv keine leichte Aufgabe für das dreiköpfige Gremium, denn nicht nur der Bundesvorstand, sondern auch die interessierte Öffentlichkeit wartet seit der Antragstellung aus Berlin im Februar 2014 auf eine Entscheidung. Kurz davor war damals öffentlich bekannt geworden, dass Edathy verbotene Fotos und Videos mit kinderpornografischen Inhalten gekauft haben soll.

In den vergangenen Wochen hatte sich bereits abgezeichnet, dass es wohl für einen Parteiausschluss nicht reichen würde. Im Willy-Brandt-Haus in Berlin wurde damit gerechnet, dass die Schiedskommission Edathy glimpflicher davonkommen lässt. Gabriel drohte damit die zweite Pleite in einem Parteiordnungsverfahren gegen ein prominentes Mitglied. Im April 2011 musste die damalige Generalsekretärin Andrea Nahles den Ärger ausbaden. Sie war zur Bevollmächtigten im Ordnungsverfahren gegen den früheren Berliner Finanzsenator und Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin bestimmt worden, der wegen migrantenkritischer Thesen zur Persona non grata geworden war. Er hatte von „kleinen Kopftuchmädchen“ gesprochen und gewarnt, „dass wir zu Fremden im eigenen Land werden“.

Der hessische Juso-Landesverband forderte damals den Rücktritt von Nahles, als klar geworden war, dass das Verfahren scheitert. Aber der eigentliche Rauswurf-Initiator war Gabriel. So auch im Falle Edathy.

Gabriel musste wissen, dass es das Risiko eines neuen Scheiterns gibt. Das Strafverfahren gegen Edathy wegen kinderpornografischen Materials war im März gegen Zahlung von 5000 Euro eingestellt worden – den Gefallen, selbst das Parteibuch zurückzugeben, tat Edathy Gabriel nicht. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi will aber nicht klein beigeben: Das Ausmaß des Verhaltens Edathys sei parteischädigend. Jetzt ist erst einmal Zeit gewonnen, aber Edathy los ist die Parteispitze weiter nicht. Und das Verfahren könnte in eine neue Runde gehen, wenn eine Seite nun die Berufungskarte zieht.

Der Weg zum Ausschluss

Im Parteiordnungsverfahren ist das dreijährige Ruhen der SPD-Mitgliedschaft, das gegen den Ex-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy verhängt wurde, die härteste Strafe vor dem Ausschluss. Folgende Abstufungen gibt es bei Verhalten, das den Grundwerten der Partei widerspricht. 1. Rüge; 2. Aberkennung des Rechts zur Bekleidung einzelner oder aller Funktionen für einen Zeitraum von bis drei Jahren; 3. Ruhen einzelner oder aller Rechte aus der Mitgliedschaft für bis zu drei Jahre; 4. Ausschluss. Text: dpa

 
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