Am Tag nach dem schwarzen Wochenende für die europäischen Krisenregionen gab sich die EU-Kommission am Montag zunächst einmal unerbittlich: „Jedes Abweichen von den Zielen des Programms oder ihre Nachverhandlung würde die bereits geleisteten Anstrengungen der portugiesischen Bürger zunichtemachen“, hieß es aus Brüssel. Lissabons konservativer Regierungschef Pedro Passos Coelho kündigte prompt an, die Deckungslücke von 1,3 Milliarden Euro auf andere Weise zu schließen, nachdem das Verfassungsgericht des Landes einige Maßnahmen zuvor als „ungerecht“ gebrandmarkt hatte.
Auch Frankreich musste klein beigeben und nach dem Defizitziel auch seine Wachstumsprognose für 2013 drastisch nach unten korrigieren. 0,1 statt der erwarteten 0,8 Prozent – das bedeutet Stagnation, null Fortschritt. Schlechte Nachrichten auch aus Italien, wo die geschäftsführende Regierung 40 Milliarden Euro freigab, um ausstehende Rechnungen zu bezahlen, damit Handwerker und Unternehmen nicht an der Sparsamkeit der Regierung zerbrechen.
Doch das ist noch längst nicht alles. Irische Vertreter bemühen sich seit Wochen darum, von der Troika mehr Zeit zur Rückzahlung der Gelder aus dem Hilfspaket zu bekommen. In Zypern werden immer weitere Bedingungen bekannt, an die die internationale Unterstützung geknüpft wurde. Jetzt heißt es, dass man den öffentlichen Dienst massiv schrumpfen werde.
Das Zusammentreffen der entlarvenden Zahlen aus den Mitgliedsstaaten ist kein Zufall. Entsprechend der neuen Regeln für die verschärfte Haushaltskontrolle sind alle Mitgliedsstaaten gezwungen, im Laufe des Aprils ihre Rahmendaten nach Brüssel zu übermitteln. Und die fallen fast durchweg schlecht aus. Mit dem Blick in die Bücher wächst zugleich die Forderung nach Entlastung, also nach mehr Zeit, um die Haushalts- und Wachstumsziele zu erreichen. Doch davon will man in der Kommission nichts wissen.
Vor allem, weil die oft beschlossenen Wachstumsimpulse, für die die Gemeinschaft immerhin 120 Milliarden Euro bereitgestellt hat, weiter auf sich warten lassen. „Da erscheint einigen nicht das Festhalten an zügigen Reformen, sondern mehr Nachlässigkeit ein bequemer Weg, dem Druck zu entkommen“, sagte ein hoher EU-Diplomat am Montag.
Ob Brüssel dem wachsenden Druck aus den eigenen Reihen standhalten kann, erscheint fraglich. Allerdings hat die Union sich mit dem internationalen Währungsfonds (IWF) einen Partner ins Boot geholt, der für Mitleid und Großzügigkeit nicht bekannt ist. Mit anderen Worten: Sowohl der Euroraum wie auch die übrigen EU-Mitglieder werden weiter sparen, reformieren und umbauen müssen. „Einen anderen Weg gibt es nicht“, betonte ein Sprecher von Währungskommissar Olli Rehn.