Nun hat auch Spanien seine rechtspopulistische und europaskeptische Partei. Sie nennt sich Vox, ist eine Abspaltung der konservativen Volkspartei (PP) und wächst schnell. So schnell, dass sie auf Facebook schon ähnlich viele Anhänger hat wie die großen Volksparteien, die Konservativen oder die Sozialisten.
Seit Monaten lassen die Rechtspopulisten, die unter dem Motto „Spanien zuerst“ antreten und eine „starke Nation“ beschwören, die Muskeln spielen: Sie füllen inzwischen mit ihren Parteiveranstaltungen große Veranstaltungssäle. In der spanischen Hauptstadt Madrid kamen sogar 10000 Menschen in die frühere Stierkampfarena Vistalegre, um der neuen Rechtspartei zuzujubeln.
Die Wahlumfragen lassen wenig Zweifel daran, dass Spaniens Rechtspopulisten, die offen mit Frankreichs Rassemblement National (früher Front National) und Deutschlands AfD sympathisieren, im Aufwind sind. In den neusten Meinungserhebungen werden Vox schon vier bis sechs Prozent der Stimmen zugetraut. Ein Stimmungswandel, der signalisiert, dass Spanien nicht länger immun ist gegen europa- und fremdenfeindliche Bewegungen.
Partei könnte erstmals in ein spanisches Parlament einziehen
Wenn sich an dieser Tendenz nichts ändert, könnte die Partei nun erstmals in ein spanisches Parlament einziehen: Am Sonntag wird in Andalusien, Spaniens bevölkerungsreichster Region, gewählt. „Es wächst die Sorge vor dem Aufstieg von Vox“, fasste die Zeitung ABC die Stimmung in den Traditionsparteien zusammen, die sich in Spanien ärmster Region auf Verluste einstellen müssen – obwohl die Sozialisten vermutlich ihre bisherige Vorherrschaft in Südspanien verteidigen werden.
Dabei ist es vermutlich kein Zufall, dass die schon 2013 gegründete ultranationalistische Partei Vox, die bisher in Spanien keine Rolle spielte, ausgerechnet jetzt Zulauf gewinnt: Erst provozierte der katalanische Unabhängigkeitskonflikt in 2017 die schlimmste innenpolitische Staatskrise seit Jahrzehnten und brachte die territoriale Einheit Spaniens in Gefahr. Dies ließ vor allem rechts der politischen Mitte Rufe nach einem harten Durchgreifen gegen separatistische Strömungen aufleben.
Dann rückte Spanien ins Zentrum der europäischen Migrationskrise, was ebenfalls große gesellschaftliche Spannungen provoziert: 2018 wurde das Land zum Hauptziel der Migranten, die übers Mittelmeer nach Südeuropa kommen. Seit Monaten warnen spanische Hilfsorganisationen davor, dass die Bilder von überfüllten Auffanglagern in der Bevölkerung Angst vor einer Überfremdung schüren könnten.
Auf Stimmenfang mit dem Thema "Migration"
Vox-Chef Santiago Abascal, der früher für die PP im Parlament saß, nutzt die politischen Krisen, um auf Stimmenfang zu gehen. Etwa in Sachen Einwanderung: Vox wolle, „dass alle, die ohne Erlaubnis in unser Land kommen, unverzüglich ausgewiesen werden“, sagt er. Und dass „jegliche Hilfe für illegale Immigranten verboten wird“. Er beklagt eine „Migranten-Invasion“ an Spaniens Grenzen, sieht Flüchtlingsorganisationen als Komplizen der Menschenschmuggler und behauptet, dass Einwanderer „in Spanien mehr Rechte haben als die Spanier“.
Auch die EU wird heftig attackiert. Abascal: „Man muss zwischen Europa und der EU unterscheiden. Wir sehen die aktuelle EU, vor allem wegen ihres föderalistischen Triebs, als ein Feind Europas.“ Er wolle stattdessen „ein neues Europa, das auf der Souveränität seiner Nationen, der christlichen Identität Europas und auf der Ablehnung der massiven Einwanderung gegründet ist“. Also weniger europäische Integration und wieder mehr Macht für die Nationalstaaten. „Wir sind“, lautet Abascals Botschaft, „keine Kolonie Brüssels.“ Mit solchen Aussagen liegt Vox ganz auf der Linie der Rechtspopulisten anderer europäischer Länder.