Wenn er gewinnt, dürfte das Regieren im Euro-Krisenstaat Portugal, dem nach Griechenland ärmsten südeuropäischen Land, kaum einfacher werden. Und der Sieg in der Präsidentenwahl am Sonntag scheint dem konservativen Marcelo Rebelo de Sousa ziemlich sicher zu sein. Den Umfragen zufolge könnte der populäre 67-jährige Rechtsprofessor und bekannte politische TV-Kommentator mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten.
Für das seit November amtierende sozialistische Minderheitskabinett, das mit der bisherigen Austeritätspolitik brechen will, ist dies kein beruhigendes Szenario. Portugals Präsident hat bedeutende Kompetenzen. Er kann dem portugiesischen Regierungschef António Costa große Knüppel zwischen die Beine werfen. So darf der Staatschef nicht nur Gesetze, gegen die er Bedenken hat, blockieren, er verfügt über das, was die Portugiesen „die Atombombe“ nennen. Das Recht, im politischen Krisenfall das Parlament aufzulösen und Neuwahl anzusetzen.
Dieser Notfall wäre etwa denkbar, wenn die Sozialistenregierung, die im Parlament von zwei europaskeptischen Linksparteien gestützt wird, die EU-Verträge zur Sanierung der Finanzen nicht einhält oder den 2011 erhaltenen Rettungskredit von 78 Milliarden Euro nicht zurückzahlt.
In den letzten Umfragen führte Rebelo de Sousa, der vor 20 Jahren vorübergehend Parteivorsitzender der Konservativen und Vize-Präsident der Europäischen Volkspartei war, mit 55 bis 62 Prozent der Stimmen. Die beiden Gegenkandidaten aus dem sozialistischen Lager, der frühere Uni-Rektor António Sampaio de Nóvoa und die Ex-Gesundheitsministerin Maria de Belém, sind weit abgeschlagen. Zudem treten noch sieben weitere Kandidaten zumeist aus dem linken Spektrum an.
Mit einem derartigen Traumergebnis würde Rebelo de Sousa, der wegen seiner klugen Reden und TV-Kommentare im Volk kurz „der Professor“ genannt wird, gleich in der ersten Runde zum Staatspräsidenten gekürt. Schafft er nicht im ersten Anlauf die 50-Prozent-Hürde, muss er sich einer zweiten Wahlrunde stellen. In der sich dann seine Herausforderer auf eine Gegenkandidatur einigen dürften, was den Weg des Konservativen ins Präsidentenamt erschweren könnte.
Der bisherige Amtsinhaber, der konservative 76-jährige Aníbal Cavaco Silva, war seit 2006 im Amt. Cavaco Silva, der wie Rebelo Sousa der konservativen Sozialdemokratischen Partei nahesteht, hatte mehrmals ins politische Geschehen des kriselnden Portugals eingegriffen.
Der frühere konservative Regierungschef Pedro Passos Coelho, der von 2011 bis Herbst 2015 mit absoluter Mehrheit regierte und einen harten Sparkurs durchsetzte, machte mit den weitgehenden Präsidentenvollmachten unliebsame Bekanntschaft. Gleich mehrmals hatte sich Staatspräsident Cavaco Silva geweigert, Spargesetze zu unterzeichnen. Er hatte sogar die massive Kürzung von Beamtenpensionen, die er unverhältnismäßig fand, dem Verfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt – die Richter kippten dann diesen Sparbeschluss.
Noch größeres Ungemach könnte nun der neuen Sozialistenregierung von einem konservativen Präsidenten drohen. Zumal die ersten Ankündigungen des seit November amtierenden Regierungschef Costa, den Sparkurs zu lockern und die sozialen Wohltaten wieder auszubauen, die Alarmglocken in Brüssel läuten lassen.
Die Gläubiger-Troika, die auf die Einhaltung der vereinbarten Defizitziele und Reformen achtet, hat sich bereits zum Kontrollbesuch angesagt: Wenige Tage nach der Wahl wollen die Troika-Prüfer in die portugiesische Hauptstadt Lissabon reisen und der Sozialistenregierung auf die Finger klopfen.