Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez hatte am Sonntag wieder einmal bewiesen, dass er sich auch in schwierigen Situationen nicht unterkriegen lässt. Er gewann die spanische Parlamentswahl in einem massiv vergifteten Klima. Und er schaffte es, der konservativen Opposition, die ihn mit einer äußerst aggressiven Kampagne bereits in die Enge getrieben hatte, eine unerwartet hohe Niederlage zuzufügen.
Sánchez siegte mit 28,7 Prozent der Stimmen. Das ist zwar kein Triumph. Aber immerhin das beste Ergebnis der sozialdemokratisch orientierten Sozialisten in den letzten elf Jahren. Damit hauchte der begeisterte Basketballfan und 1,90-Meter-Mann den Sozialisten wieder neues Leben ein.
Der 47-jährige Sánchez war schon mehrmals für Überraschungen gut. Etwa im Mai 2018, als ihm die Entmachtung des konservativen Regierungschefs Mariano Rajoy gelang. Damals katapultierte er Rajoy, der trotz Korruptionsaffären in der Parteispitze nicht zurücktreten wollte, per Misstrauensantrag aus dem Amt. Dadurch wurde Oppositionsführer Sánchez, der mit 21 in die Sozialistische Arbeiterpartei eintrat, ganz ohne Parlamentswahl zum neuen Ministerpräsidenten Spaniens.
Das weiblichste Kabinett Europas
Kaum im Amt, sorgte der verheiratete Vater zweier Töchter schon wieder für Staunen: Er stellte ein feministisches Kabinett mit elf Ministerinnen und sechs Ministern vor – das weiblichste Kabinett Europas. Ein klares Zeichen an die Spanierinnen, die sich immer noch bitter darüber beklagen, dass sie in einer Macho-Gesellschaft leben. Nicht nur deswegen hat Sánchez viele weibliche Fans, die ihn wegen seines adretten und sportlichen Aussehens auch „Pedro der Hübsche“ nennen.
In der Parlamentswahl am Sonntag ging es vor allem um den Unabhängigkeitskonflikt in Katalonien, der den Wahlkampf völlig beherrschte. Sánchez tritt für Gespräche mit den katalanischen Separatisten ein, die weiterhin einen eigenen Staat anstreben. Die konservative Opposition wirft Sánchez vor, mit seiner Dialogbereitschaft Spaniens Einheit aufs Spiel zu setzen und ein Vaterlandsverräter zu sein. Im progressiven Lager erntet Sánchez derweil für seine mutige Katalonienpolitik Beifall. Durch das Wahlergebnis, das indirekt auch ein Referendum über Sánchez? Katalonienpolitik war, kann sich der Sozialist nun in seinem versöhnlichen Kurs bestätigt sehen.
Bisher hielt Sánchez mit seiner Partei übrigens nur 85 der insgesamt 350 Parlamentsmandate. Nun steigerte er sich auf 123 Sitze. Damit dürfte das Regieren immerhin etwas einfacher werden. Auch wenn der Wirtschaftswissenschaftler und überzeugte Europäer weiterhin keine stabile Mehrheit hat. Aber vielleicht hilft ihm bei der Umschiffung der zu erwartenden Schwierigkeiten seine berühmte Kämpfernatur, die er in seiner Biografie beschreibt und die den vielsagenden Titel trägt: „Anleitung zum Widerstand.“