Wieder einmal sorgt der Solidaritätszuschlag für politischen Streit. In der Union mehren sich die Stimmen, die seine vollständige Abschaffung fordern – der Koalitionsvertrag mit der SPD hingegen sieht nur einen schrittweisen Abbau vor. Außerdem plant Finanzminister Olaf Scholz angeblich, statt des Soli durch die Hintertür eine Reichensteuer einzuführen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:
Als der Solidaritätszuschlag, kurz Soli, 1991 eingeführt wurde, sprach die Bundesregierung von einer vorübergehenden Mehrbelastung, die notwendig sei, um die deutsche Einheit, vor allem aber auch den ersten Golfkrieg zu finanzieren. An dem beteiligte sich Deutschland zwar nicht mit Soldaten, aber mit gut 16 Milliarden D-Mark. 7,5 Prozent der Lohnsteuer, befristet auf ein Jahr, so lautet das Konzept. Tatsächlich wurde der Soli zunächst nur von Juli 1991 bis Juni 1992 erhoben, so wie es der damalige Finanzminister Theo Waigel versprochen hatte. Doch der Plan der Regierung, über die Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 1993 ihre Budget-Lücken zu schließen, ging nicht auf. So erlebte der Soli ein Comeback. Seit 1995 wird er ununterbrochen erhoben, heute beträgt er 5,5 Prozent, die auf Einkommens- und Körperschaftssteuer aufgeschlagen werden. Für Geringverdiener gibt es Ausnahmen, für Familien Freibeträge.
Zunächst einmal fließt das Geld einfach nur in die allgemeinen Töpfe des Bundesfinanzministeriums. Die Soli-Mittel sind nicht zweckgebunden. Der Solidarpakt II sieht Zahlungen an die ostdeutschen Bundesländer vor, die von Jahr zu Jahr sinken und nach 2019 ganz auslaufen. 2017 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts noch 5,3 Milliarden Euro überwiesen. Die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag betrugen aber fast 17 Milliarden Euro. Fazit: Bereits jetzt trägt der Soli nur noch einen kleinen Teil zum Aufbau Ost bei. Nach 2019 fällt seine ursprüngliche Begründung ganz weg.
Der Soli ist laut Umfragen die unbeliebteste aller Abgaben. Kritiker haben etwa errechnet, dass er eine Durchschnittsfamilie im Laufe der Jahre ungefähr den Gegenwert eines Kleinwagens gekostet hat. Mehrfach wurde vor Gericht um seine Rechtmäßigkeit gestritten. Doch am Ende wurden alle Klagen bisher abgewiesen.
Union und SPD haben sich darauf geeinigt, den Soli schrittweise abzuschaffen. Zunächst sollen im Jahr 2021, dem voraussichtlich letzten Jahr der aktuellen Regierung, die Bezieher unterer und mittlerer Einkommen vollständig entlastet werden, also rund 90 Prozent aller Soli-Zahler.
Die zehn Prozent der Soli-Zahler mit den höheren Einkommen sollen später entlastet werden, der genaue Zeitpunkt dafür steht aber noch nicht fest.
Laut Medienberichten soll Finanzminister Olaf Scholz (SPD) auf die Soli-Milliarden nicht verzichten und zumindest einen Teil davon erhalten wollen. Angeblich erwägt er deshalb einen Trick: Der Soli solle zwar offiziell abgeschafft, aber durch eine höhere Einkommenssteuer für Gutverdiener ausgeglichen werden. Kritiker befürchten: So könnte die in der SPD populäre Forderung nach einer „Reichensteuer“ durch die Hintertür umgesetzt werden. Betroffen wären Millionen Haushalte.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordern eine komplette Soli-Abschaffung.
SPD-Fraktionsvize Achim Post sagt: „Vorrang bei der Abschaffung des Soli haben jetzt erst mal alle mit mittleren und kleinen Einkommen. Das ist fair.“ Spitzenverdiener sollten den Soli zunächst erst mal weiter zahlen – und damit zu einem handlungsfähigen Staat beitragen.