Sigmar Gabriel redet nicht um den heißen Brei herum. „Wir können das alles nur machen“, sagt der Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzende, „weil die deutsche Wirtschaft in guter Verfassung ist.“ Mit „das alles“ meint er neue Milliardenhilfen für die Kommunen, das Investitionspaket und ausgeglichene Haushalte für den Rest der Legislaturperiode – mindestens.
Die schon 2014 erstmals seit mehr als 40 Jahren erreichte „schwarze Null“ steht auch in den Folgejahren. Trotz zusätzlicher Ausgaben kommt der Bund ohne neue Kredite aus. Für 2016 sind 312,5 Milliarden Euro an Einnahmen und Ausgaben geplant. Mit dem Nachtragsetat 2015 werden die Weichen gestellt, damit das Zehn-Milliarden-Paket umgesetzt werden kann.
Das nicht, aber die anhaltend hohen Steuereinnahmen und die anhaltend niedrigen Zinsen haben ihren Handlungsspielraum deutlich erweitert. Mit den am Mittwoch im Kabinett verabredeten Mehrausgaben reagiert die Regierung unter anderem auf die zunehmenden Herausforderungen durch internationale Konflikte und den islamistischen Terror.
So wird der Etat von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen von knapp 33 Milliarden Euro auf 35 Milliarden Euro im Jahr 2019 aufgestockt, Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz erhalten 750 zusätzliche Stellen. Das Außenministerium bekommt 550 Millionen Euro mehr, die unter anderem in einen besseren Schutz deutscher Vertretungen im Ausland und in die humanitäre Hilfe bei Katastrophen und internationalen Krisen fließen.
Der Etat von Entwicklungsminister Gerd Müller steigt aufgrund internationaler Verpflichtungen im nächsten Jahr sogar um mehr als 13 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro.
In Schäubles mittelfristiger Finanzplanung sind auch die Etats der kommenden vier Jahre ausgeglichen. In diesem Zeitraum sollen die Einnahmen des Bundes von gegenwärtig knapp 303 auf 334 Milliarden Euro pro Jahr zunehmen. Mit diesem Geld müssen die jeweiligen Finanzminister auskommen. Nach Schäubles Worten liegt der Anstieg der Ausgaben mit 2,5 Prozent pro Jahr unter dem erwarteten Wachstum des Bruttoinlandsproduktes. Das heißt: So lange die Wirtschaft brummt, geht die Rechnung der Haushaltspolitiker auf.
Der Löwenanteil fließt in den Bau und den Erhalt von Straßen, Brücken und Bahnstrecken, in neue Breitbandnetze, den Hochwasserschutz und den Städtebau. Alles in allem investiere die Große Koalition etwa ein Viertel mehr als die schwarz-gelbe Regierung vor ihr, rechnet Gabriel vor. In Zahlen sind das 30 Milliarden Euro im laufenden und 30,9 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Sven-Christian Kindler, der Haushaltsexperte der Grünen, wirft der Regierung vor, das Geld nach Parteibuch und mit der Gießkanne zu verteilen. Klimaschutz, Bildung und Wissenschaft seien „die großen Verlierer“.
Besonders klamme Kommunen können für Investitionen in ihre Krankenhäuser, in den Lärmschutz, in marode Schulen oder in die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude künftig Zuschüsse von bis zu 90 Prozent erhalten. Mit weiteren Maßnahmen wie den zusätzlichen Hilfen für das Unterbringen von Flüchtlingen und der vollen Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung entlaste der Bund die Kommunen so bis zum Jahr 2018 um mehr als 25 Milliarden Euro, rechnet der SPD-Abgeordnete Karl-Heinz Brunner vor. Er spricht vom größten Entlastungspaket seit Jahrzehnten.
Für das (Wahl-)Jahr 2017 hat die Koalition vage einen Abbau der kalten Progression angekündigt, die häufig einen Großteil der Lohnerhöhungen auffrisst. An das Abschaffen des Solidaritätszuschlags oder an den Tarif der Einkommenssteuer allerdings wagt sie sich nicht heran. Entlastungen auf breiterer Front würde die SPD nur mitmachen, wenn im Gegenzug der Spitzensteuersatz steigt. Das aber will die Union nicht, die versprochen hat, mit ihr werde es keine Steuererhöhungen geben.
Mit Informationen von dpa