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Snowden: Sackgasse Moskau
Der Fall Snowden: Der Ex-Geheimdienstler will in Russland nicht bleiben und ist in vielen anderen Ländern nicht erwünscht.
Moskau, Flughafen Scheremetjewo: Hier sitzt Edward Snowden fest und weiß nicht, wohin.
Foto: dpa | Moskau, Flughafen Scheremetjewo: Hier sitzt Edward Snowden fest und weiß nicht, wohin.
Von dpa-Korrespondent Ulf Mauder
 |  aktualisiert: 02.07.2013 20:29 Uhr

Übelnehmen dürfte es Kremlchef Wladimir Putin dem früheren US-Geheimdienstspezialisten Edward Snowden wohl kaum, dass dieser erst Asyl in Russland beantragte und dann doch einen Rückzieher machte. Lieber will der 30-Jährige weiter Lauschangriffe der USA in aller Welt enthüllen, als sich in Putins Schutz zu begeben. Deshalb lehnte er Putins Forderung ab, seine „antiamerikanische Tätigkeit“ zu beenden und weitere Enthüllungen über die gigantische Datensammelei des US-Geheimdienstes NSA einzustellen.

Als früherer russischer Geheimdienstchef ist Putin bestens vertraut mit fein gesponnenen Intrigen. Der 60-Jährige dürfte gewusst haben, dass Snowden dieses unmoralische Angebot, Asyl in Russland mit seinem Schweigen zu erkaufen, nicht annehmen konnte. Putin habe diesen „Kompromiss“ wohl deshalb so angeboten, um die USA nicht vollkommen zu verärgern, meinte der Politologe Leonid Poljakow. Dabei hätte der US-Amerikaner durchaus auf Russland als sicheren Hafen setzen können, weil der Kreml im Gegensatz zu vielen anderen Staaten traditionell keine Scheu vor Konflikten mit den USA habe, kommentierte etwa die Zeitung „Kommersant“ am Dienstag.

Die Zitterpartie für den Gejagten, der seit zehn Tagen ohne gültigen Pass im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo festsitzt, dauert gleichwohl an. Zwar kann er sich weiter auf den russischen Schutz verlassen. Niemand werde ausgeliefert in ein Land, in dem die Todesstrafe vollstreckt werde, wiederholte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Allerdings sucht Snowden dringend einen dauerhaften Aufenthaltsort – einen souveränen Staat ohne Angst vor den USA. Die Aussichten dafür sind nicht rosig. Über das russische Konsulat in Scheremetjewo ließ Snowden nicht nur in Moskau Asyl beantragen. Auch bei der deutschen Botschaft und diplomatischen Vertretungen von 19 weiteren Ländern gingen solche Gesuche ein. Mehrere EU-Länder und Indien lehnten den Asylantrag bereits ab. Der Fall ist in der Sackgasse.

Für Russland gebe es kaum etwas zu gewinnen – außer sich als souveräner Spieler auf der Weltbühne zu präsentieren und antiamerikanische Tendenzen in der Innenpolitik zu bedienen, heißt es allenthalben. Dass sich Russland durch Hilfe für Snowden allen Ernstes als Beschützer der Menschenrechte profilieren könnte, halten selbst Machtkreise für einen unglaubwürdigen Vorstoß.

„Er hat niemanden getötet, sondern nur die Wahrheit gesagt.“
Venezuelas Präsident Nicolás Maduro über Edward Snowden

Die von Snowden hochgehaltenen Werte wie das Recht des Menschen auf Privatsphäre hätten in Russland doch keine Tradition, meinte die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ am Dienstag. Es sei unmöglich, sich auch nur an ein Gesetz zu erinnern, das die Vollmachten russischer Geheimdienste und Sicherheitsstrukturen beschnitten hätte – zugunsten des Schutzes von Privatinteressen.

Putins Gegner und Menschenrechtler werfen dem Kreml vielmehr seit langem vor, längst einen Überwachungsstaat nach sowjetischem Vorbild geschaffen zu haben. Wohl auch deshalb dürfte Snowden seit seiner Landung aus Hongkong mit einem Asylantrag in Russland gezögert haben. Sein Schicksal bleibt nun aber vorerst weiter in den Händen Russlands, das den Transitbereich auf dem Flughafen Scheremetjewo mit Sicherheitskräften unter Kontrolle hat.

Berlin und das EU-Parlament erhöhen derweil den Druck auf die USA, die mutmaßliche Datenspionage auch in diplomatischen Einrichtungen aufzuklären. Die Fraktionsvorsitzenden des EU-Parlaments wollen am Donnerstag über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses entscheiden. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) erklärte: „Die Vereinigten Staaten von Amerika spionieren jeden und alles aus und meinen, das sei rechtens.“ Das sei aber nicht rechtens, sondern schlicht eine Provokation.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte: „Wirtschaftsspionage unter engen Partnern ist nicht akzeptabel. Sollte der Verdacht zutreffen, muss das abgestellt werden.“ Und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) meinte, es gebe zwar keine Beweise dafür, dass deutsche Botschaften oder deutsche Internetknoten ausgespäht wurden. Wäre dies der Fall, sei das aber eine Verletzung der Souveränitätsrechte Deutschlands.

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro rief in Moskau dazu auf, Snowden unter internationalen Schutz zu stellen: „Er hat niemanden getötet, sondern nur die Wahrheit gesagt.“ Asyl in Venezuela hat Snowden laut Maduro nicht beantragt. Ecuador, wo Snowden ebenfalls Asyl beantragt hat, rückte von ihm ab. Sein Land prüfe das Gesuch noch nicht, sagte Präsident Rafael Correa der Zeitung „The Guardian“. Wikileaks-Gründer Julian Assange wurde von Ecuador Asyl gewährt.

 
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