Der von den USA als Verräter gesuchte Informant Edward Snowden hat in Venezuela politisches Asyl beantragt. Der Geheimdienst-Spezialist müsse nun entscheiden, wann er in das lateinamerikanische Land kommen wolle, sagte Staatspräsident Nicolás Maduro. Im Spionagethriller um den nach Moskau geflohenen US-Informanten sieht Russland die Stunde der Entscheidung gekommen. „Venezuelas Asyl-Angebot ist Snowdens wohl einzige Möglichkeit“, meint der einflussreiche Außenpolitiker Alexej Puschkow im Kurzmitteilungsdienst Twitter.
Russland wird das Tauziehen um den von den USA als „Verräter“ gesuchten Snowden zunehmend lästig. Seit mehr als zwei Wochen soll er sich im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo versteckt haben. „Je schneller Snowden sein Reiseziel wählt, umso besser für ihn und Russland“, hatte auch Kremlchef Wladimir Putin gedrängt.
Seit die USA den Reisepass annulliert haben, besitzt Snowden keine gültigen Dokumente – auch ein russisches Visum hat er nicht. „Venezuela könnte einen Flüchtlingsausweis ausstellen und ihm zukommen lassen“, meint die russische Menschenrechtlerin Ljudmila Alexejewa.
Furcht vor einer Konfrontation mit den USA zeigt das ölreiche Land nicht. Die linksgerichtete Regierung in Caracas sieht die Dominanz Washingtons auf dem Kontinent äußerst kritisch.
Snowden könne aus humanitären Gründen mit einer positiven Entscheidung auf einen Asylantrag rechnen, betont Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro. Er hatte sich offenbar bei einem Aufenthalt in Moskau vor wenigen Tagen für das Schicksal des „Whistleblowers“ erwärmt. Der 30-Jährige müsse sich bloß entscheiden, wann er nach Caracas fliege, meinte der Präsident.
Leichter gesagt als getan: Von Moskau existiert keine Direktverbindung nach Caracas. Immer wieder war spekuliert geworden, Snowden könne von Russland mit Zwischenstopp auf Kuba nach Venezuela fliegen. Einmal soll sogar bereits ein Ticket nach Havanna auf seinen Namen gebucht worden sein, Fensterplatz 17A blieb aber leer.
Für Snowden sei ein Flug nach Kuba jedoch „extrem riskant“, warnt das russische Magazin „The New Times“. Es bestehe die Gefahr, dass die USA die Maschine zum Landen zwängen. Dagegen versicherte US-Präsident Barack Obama vor zwei Wochen, dass er keine Abfangjäger aufsteigen lassen werde, um einen Hacker zu kriegen.
Allerdings zeigt der Fall von Boliviens Staatschef Evo Morales, welchen Druck die US-Regierung auf andere Länder in der Snowden-Affäre ausübt. Morales musste vor kurzem auf dem Weg von Moskau nach Quito unfreiwillig in Wien landen, weil mehrere europäische Länder ihm die Überflugrechte verweigerten. Die Begründung: Snowden könnte an Bord sein.
Vor Havanna drohe durchaus „Gefahr“, sagte ein Mitarbeiter des Flughafens Scheremetjewo. „Vor Kuba gerät die Aeroflot-Maschine in den alleinigen Verantwortungsbereich der Flugüberwachung von New York. Sollte der Dispatcher die Piloten zur Landung in den USA auffordern, könnten sie sich schwer widersetzen – und Snowden wäre in Händen der US-Justiz“, sagte er.