Wer ist dieser Dominique Strauss-Kahn und was versteckt sich hinter der Fassade des jovial auftretenden Ökonomen? Wie konnte der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) so tief fallen – vom beliebtesten Politiker Frankreichs zum allgemein verachteten Lustmolch, verstrickt in Sexaffären?
Diese Frage stellten sich die entsetzten Franzosen seit der Anklage Strauss-Kahns wegen Vergewaltigung durch ein New Yorker Zimmermädchen im Mai 2011, sowie zahlreiche Journalisten und Autoren; in einem Film über ihn übernimmt Gérard Depardieu die Hauptrolle. Noch immer ist die Öffentlichkeit fasziniert und abgestoßen zugleich von DSK, wie Strauss-Kahn in Frankreich genannt wird.
„Du warst alt, du warst klein und du warst hässlich. Du warst egoistisch, du warst brutal und unkultiviert. Und ich war verrückt nach dir.“
Marcela Iacub, Juristin und Publizistin
Doch keiner ging so weit wie die Juristin und Publizistin Marcela Iacub in ihrem Buch „Schöne und Biest“: In einer Art Selbstversuch näherte sie sich Strauss-Kahn im Januar 2012 und begann eine monatelange Liebesaffäre mit dem Objekt ihrer Recherche, das sie als „halb Mann, halb Schwein“ bezeichnet und dem sie dennoch erlag. „Du warst alt, du warst klein und du warst hässlich. (. . .) Du warst egoistisch, du warst brutal und unkultiviert. Und ich war verrückt nach dir“, schreibt die 48-Jährige. Sie nennt ihn ein Schwein, das nur in der Gegenwart lebe, stets nach Befriedigung seiner Bedürfnisse strebend, unsensibel für die der anderen.
Ein Vergewaltiger sei er nicht, wohl aber ein Egozentriker. Und der „Pudel“ seiner früheren Frau Anne Sinclair, die ihn zum Präsidenten machen wollte und ihn durch ihren Reichtum an sich band.
Es ist eine harte Abrechnung mit dem Mann, den Iacub in Zeitungskolumnen vor der Medienhetze verteidigt hatte – während sie bereits seine Geliebte war, um seine einzigartige Persönlichkeit zu erkunden, wie sie später erklärte. Der Text, eine Collage aus Gedanken, Gefühlen und Szenen, sei authentisch, lediglich die Sexszenen erfunden.
Doch Iacubs Glaubwürdigkeit steht infrage. Bisher war die gebürtige Argentinierin mit den dramatisch geschminkten Augen zwar umstritten durch ihr Eintreten für absolute sexuelle Freizügigkeit, aber renommiert für ihre Essays zu Gesellschaftsthemen unter juristischem Blickwinkel. Doch Strauss-Kahns Anwalt veröffentlichte eine Mail, in dem sie ihn um Verzeihung bittet: Sie habe sich leichtsinnig in ein Projekt hineinziehen lassen, das sie bereue. Ließ sie sich aus Gewinn- und Erfolgsstreben manipulieren?
Der 63-Jährige selbst nennt ihr Vorgehen „verachtenswert“ und zog vor Gericht: „Ist alles erlaubt, um Geld zu machen? Man zielt auf einen Mann, der bereits am Boden liegt.“ Zwar wurde die Vergewaltigungsanklage in den USA mangels Glaubwürdigkeit der Hotelangestellten fallen gelassen und es kam zu einem Ausgleich statt eines Zivilprozesses. Auch der Vorwurf der versuchten Vergewaltigung der französischen Autorin Tristane Banon führte zu keiner Verurteilung. Doch es wird noch gegen Strauss-Kahn ermittelt wegen des Verdachts der organisierten Zuhälterei durch seine Teilnahme an ausschweifenden Sexpartys.
Mit seiner Klage gegen Iacub, den Verlag Stock und das Magazin „Le Nouvel Observateur“, das Auszüge aus dem Buch vorab gedruckt hatte, bekam er großteils Recht: Verlag und Autorin müssen ihm 50 000 Euro an Schadenersatz zahlen, das Magazin 25 000 Euro, außerdem muss jedem Exemplar ein Hinweis darüber beiliegen, dass das Buch gegen Strauss-Kahns Persönlichkeitsrechte verstößt. Ein Verkaufsverbot setzte er nicht durch. Trotz Verzögerungen wird das Buch seit Mittwoch ausgeliefert. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass es ein Verkaufsschlager wird.