Der 88-jährige Kurt Biedenkopf war von 1973 bis 1977 CDU-Generalsekretär unter Helmut Kohl und von 1990 bis 2002 erster Ministerpräsident in Sachsen nach der Wende. Er galt stets als kritischer und unbequemer Vordenker in seiner Partei.
Kurt Biedenkopf: Ich habe es gerade im Radio gehört und finde, das ist eine sehr gute Entscheidung von Angela Merkel.
Biedenkopf: Sie hat eine große politische Erfahrung, vor allem Regierungserfahrung, was sehr wichtig ist. Sie weiß, wie man erfolgreich Politik macht – und nicht zuletzt ist sie eine Frau mit Charme und Witz, die die Menschen für sich einnehmen kann.
Biedenkopf: So groß ist der Einfluss im Kreis von 16 Ministerpräsidenten auch wieder nicht. Abgesehen von den Stadtstaaten ist auch das Saarland ein kleines Bundesland. Außerdem sind dies keine Kriterien, die relevant sind. Was gilt, das sind ihre Intelligenz, ihre Erfahrung, der Umgang mit Menschen. Und all das besitzt sie reichlich.
Biedenkopf: Das ist nicht der Grund für den Vorschlag der saarländischen Ministerpräsidentin zur Generalsekretärin der CDU. Nachdem Peter Tauber durch Krankheit ausfiel, hat Angela Merkel eine Frau ausgesucht, die sie kennt, der sie absolut vertrauen kann und die die Partei, das politische Geschäft und die Exekutive kennt. Es macht keinen Sinn, wenn die Parteivorsitzende jemanden zum Generalsekretär oder zur Generalsekretärin vorschlägt, den sie nicht kennt.
Das Amt ist eine Vertrauensposition. Ich habe 1973 Helmut Kohl gut gekannt, als er mich in dieses Amt berief. Und er hätte das sicher nicht getan, wenn er mich nicht gekannt hätte.
Biedenkopf: Das wird sich ändern, Kramp-Karrenbauer wird kein verlängerter Arm der Kanzlerin sein. Sie ist eine selbstständige Frau. Und das ist auch der Grund, warum eine Ministerpräsidentin für dieses Amt hervorragend geeignet ist. Sie ist unabhängig – und diese Unabhängigkeit ist für sie als Generalsekretärin von großer Bedeutung. Wenn der Generalsekretär nur der Sekretär der Kanzlerin ist, kann man jeden nehmen.
Biedenkopf: Jedenfalls wird es als Organisation wieder selbstständiger geführt. Die Führungsarbeit einer Kanzlerin und einer Generalsekretärin sind völlig verschieden. Die Generalsekretärin führt nicht nur aus, was die Kanzlerin will. Sie ist Partnerin der Kanzlerin, trägt mit ihr die Verantwortung für die Partei und sorgt dafür, dass der Parteiapparat gut funktioniert.
Biedenkopf: Von solchen Zielen und Begriffen halte ich wenig. Jung allein ist kein Kriterium, weiblich auch nicht. Die CDU braucht die Besten, in der Partei wie in der Regierung. Wir haben in der CDU viele gute und tüchtige Köpfe. Eine gute Generalsekretärin, die ihre Partei kennt, fördert die guten Köpfe. Jung sein alleine reicht nicht.
Biedenkopf: Mit dieser Aufgabe ist die gesamte Partei gefordert, nicht nur eine einzelne Person.
Biedenkopf: Wenn eine Partei in ganz Deutschland so stark wächst, wie das derzeit bei der AfD der Fall ist, muss man mehr tun als sie nur abzulehnen. Das ist schon in früheren Fällen, in der Vergangenheit schiefgegangen. Diesmal müssen wir durch Wort und Tat belegen, dass wir besser sind und die gegenwärtige AfD dem Land schadet. Wenn wir die Bürger davon überzeugen können, dass die CDU es besser macht als alle anderen, macht sie auch das stärker. Aber man kommt auch nur voran, wenn man sich selber gegenüber kritisch ist und fragt: Haben wir alles richtig gemacht? Können wir den Bürgerinnen und Bürgern zum Beispiel erklären, was wir machen und warum, damit sie uns verstehen, auch wenn wir von ihnen Engagement fordern und nicht nur Leistungen versprechen.
Biedenkopf: Ich traue es ihr zu. Aber das ist nicht nur allein die Aufgabe von Kramp-Karrenbauer, es ist die Aufgabe der CDU und CSU, der Partei und ihrer Führung und unserer Parlamentarier. Und ihrer Mitglieder!