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„Sie weiß, wie man erfolgreich Politik macht“
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 02.03.2018 03:07 Uhr

Der 88-jährige Kurt Biedenkopf war von 1973 bis 1977 CDU-Generalsekretär unter Helmut Kohl und von 1990 bis 2002 erster Ministerpräsident in Sachsen nach der Wende. Er galt stets als kritischer und unbequemer Vordenker in seiner Partei.

Frage: Herr Biedenkopf, die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer soll nach dem Willen von CDU-Chefin Angela Merkel neue CDU-Generalsekretärin werden. Wie sehr hat Sie diese Personalie überrascht?

Kurt Biedenkopf: Ich habe es gerade im Radio gehört und finde, das ist eine sehr gute Entscheidung von Angela Merkel.

Warum? Was bringt Annegret Kramp-Karrenbauer für dieses Amt mit?

Biedenkopf: Sie hat eine große politische Erfahrung, vor allem Regierungserfahrung, was sehr wichtig ist. Sie weiß, wie man erfolgreich Politik macht – und nicht zuletzt ist sie eine Frau mit Charme und Witz, die die Menschen für sich einnehmen kann.

Ist das nicht karrieremäßig ein Rückschritt? Eine Ministerpräsidentin hat doch mehr Macht und Einfluss, auch über den Bundesrat, als eine CDU-Generalsekretärin, die eher parteiintern wirkt.

Biedenkopf: So groß ist der Einfluss im Kreis von 16 Ministerpräsidenten auch wieder nicht. Abgesehen von den Stadtstaaten ist auch das Saarland ein kleines Bundesland. Außerdem sind dies keine Kriterien, die relevant sind. Was gilt, das sind ihre Intelligenz, ihre Erfahrung, der Umgang mit Menschen. Und all das besitzt sie reichlich.

In der CDU gärt es derzeit, nach dem schlechten Wahlergebnis und den starken Zugeständnissen an die SPD. Bei den Koalitionsverhandlungen gibt es massiv Kritik an Merkel. Kommt sie mit der Berufung von Kramp-Karrenbauer ihren Kritikern ein Stück weit entgegen?

Biedenkopf: Das ist nicht der Grund für den Vorschlag der saarländischen Ministerpräsidentin zur Generalsekretärin der CDU. Nachdem Peter Tauber durch Krankheit ausfiel, hat Angela Merkel eine Frau ausgesucht, die sie kennt, der sie absolut vertrauen kann und die die Partei, das politische Geschäft und die Exekutive kennt. Es macht keinen Sinn, wenn die Parteivorsitzende jemanden zum Generalsekretär oder zur Generalsekretärin vorschlägt, den sie nicht kennt.

Das Amt ist eine Vertrauensposition. Ich habe 1973 Helmut Kohl gut gekannt, als er mich in dieses Amt berief. Und er hätte das sicher nicht getan, wenn er mich nicht gekannt hätte.

Sie kennen das Amt aus eigener Erfahrung, waren selber Generalsekretär unter Helmut Kohl und haben das Amt sehr offensiv ausgelegt, mehr General, weniger Sekretär. Zuletzt waren die CDU-Generalsekretäre eher der verlängerte Arm von Angela Merkel. Muss sich das wieder ändern? Muss sich Kramp-Karrenbauer von Merkel emanzipieren?

Biedenkopf: Das wird sich ändern, Kramp-Karrenbauer wird kein verlängerter Arm der Kanzlerin sein. Sie ist eine selbstständige Frau. Und das ist auch der Grund, warum eine Ministerpräsidentin für dieses Amt hervorragend geeignet ist. Sie ist unabhängig – und diese Unabhängigkeit ist für sie als Generalsekretärin von großer Bedeutung. Wenn der Generalsekretär nur der Sekretär der Kanzlerin ist, kann man jeden nehmen.

Erwarten Sie, dass das Adenauer-Haus unter Kramp-Karrenbauer stärker wird?

Biedenkopf: Jedenfalls wird es als Organisation wieder selbstständiger geführt. Die Führungsarbeit einer Kanzlerin und einer Generalsekretärin sind völlig verschieden. Die Generalsekretärin führt nicht nur aus, was die Kanzlerin will. Sie ist Partnerin der Kanzlerin, trägt mit ihr die Verantwortung für die Partei und sorgt dafür, dass der Parteiapparat gut funktioniert.

Peter Tauber wollte, dass die CDU jünger, weiblicher und bunter wird. Muss sich das fortsetzen?

Biedenkopf: Von solchen Zielen und Begriffen halte ich wenig. Jung allein ist kein Kriterium, weiblich auch nicht. Die CDU braucht die Besten, in der Partei wie in der Regierung. Wir haben in der CDU viele gute und tüchtige Köpfe. Eine gute Generalsekretärin, die ihre Partei kennt, fördert die guten Köpfe. Jung sein alleine reicht nicht.

In Merkels Amtszeit fallen die Entstehung und das Erstarken der AfD. Was muss die CDU machen, um das weitere Erstarken der AfD zu verhindern? Welche Rolle kann Kramp-Karrenbauer dabei spielen?

Biedenkopf: Mit dieser Aufgabe ist die gesamte Partei gefordert, nicht nur eine einzelne Person.

Hat die CDU zu wenig gemacht?

Biedenkopf: Wenn eine Partei in ganz Deutschland so stark wächst, wie das derzeit bei der AfD der Fall ist, muss man mehr tun als sie nur abzulehnen. Das ist schon in früheren Fällen, in der Vergangenheit schiefgegangen. Diesmal müssen wir durch Wort und Tat belegen, dass wir besser sind und die gegenwärtige AfD dem Land schadet. Wenn wir die Bürger davon überzeugen können, dass die CDU es besser macht als alle anderen, macht sie auch das stärker. Aber man kommt auch nur voran, wenn man sich selber gegenüber kritisch ist und fragt: Haben wir alles richtig gemacht? Können wir den Bürgerinnen und Bürgern zum Beispiel erklären, was wir machen und warum, damit sie uns verstehen, auch wenn wir von ihnen Engagement fordern und nicht nur Leistungen versprechen.

Das trauen Sie Annegret Kramp-Karrenbauer zu?

Biedenkopf: Ich traue es ihr zu. Aber das ist nicht nur allein die Aufgabe von Kramp-Karrenbauer, es ist die Aufgabe der CDU und CSU, der Partei und ihrer Führung und unserer Parlamentarier. Und ihrer Mitglieder!

 
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