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KIEW/BERLIN
Separatisten auf dem Vormarsch
Scharf bewacht: Ein maskierter prorussischer Separatist steht bewaffnet vor einem Gebäude in Slowjanohirsk.
Foto: Igor Kovalenko, dpa | Scharf bewacht: Ein maskierter prorussischer Separatist steht bewaffnet vor einem Gebäude in Slowjanohirsk.
reda
 |  aktualisiert: 19.10.2020 09:00 Uhr

Mit einer Volksabstimmung über die Einheit der Ukraine will die prowestliche Regierung in Kiew die Lage in dem krisengeschüttelten Land beruhigen. Zugleich räumt die ukrainische Führung ein, die Kontrolle über Teile des russisch geprägten Ostens verloren zu haben.

Moskautreue Milizen brachten weitere Verwaltungsgebäude in ihre Hand. Zugleich dämpften die Separatisten Hoffnungen auf eine unmittelbar bevorstehende Freilassung der festgehaltenen westlichen Militärbeobachter, unter denen auch vier Deutsche sind.

Die prowestliche Führung in Kiew will am 25. Mai zusätzlich zur Präsidentenwahl eine Volksbefragung abhalten. Dabei solle es darum gehen, ob das Land als Einheit erhalten bleiben solle, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk. Die prorussische Aktivisten in der Ost- und Südukraine planen allerdings eigene Referenden für den 11. Mai über eine Abspaltung von Kiew.

Im Osten des Landes sind sie weiter auf dem Vormarsch. Unbehelligt von Sicherheitskräften nahmen Separatisten auch die Gebietsverwaltung der Stadt Lugansk ein. Auch in Gorlowka besetzten prorussische Demonstranten weitere Verwaltungsgebäude. Übergangspräsident Alexander Turtschinow räumte ein, die Kontrolle über Teile des Landes verloren zu haben. Den Sicherheitskräften warf er Versagen vor.

Wegen Spionage wies die Ukraine den Marineattaché der russischen Botschaft in Kiew aus. Der Diplomat sei vom Geheimdienst SBU auf frischer Tat ertappt und festgenommen worden, teilte das Außenministerium mit. Die Behörden erklärten den Mann zur unerwünschten Person.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die sofortige Freilassung der seit Freitag festgehaltenen Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Deutschland bemühe sich auf allen diplomatischen Kanälen um eine Lösung, sagte Merkel in Berlin. Dazu gehörten auch Gespräche mit dem Kreml in Moskau.

Der Ukraine-Konflikt ist auch ein zentrales Thema beim Besuch Merkels in Washington. Erstmals kann sie am Freitag mit US-Präsident Barack Obama persönlich darüber beraten. Die Amerikaner dringen unter anderem auf härtere – und auch frühere – Sanktionen gegen Moskau.

Der Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarjow in Slawjansk verneinte jegliche Einflussnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin im Fall der OSZE-Geiseln. „Wir hatten bisher noch keinen Kontakt zu Moskau und gehorchen hier auch nicht Putin“, sagte der selbst ernannte Bürgermeister „bild.de“.

Ponomarjow sagte am Donnerstag der Agentur Interfax, die Gefangenen seien weiter in Slawjansk. Er hoffe, sie gegen eigene Anhänger austauschen zu können, die von der Regierung in Kiew gefangenengenommen wurden. „Natürlich wollen sie nach Hause, und wir verhandeln bereits mit den Kiewer Machthabern“, sagte er.

Zuvor hatte Ponomarjow den Eindruck erweckt, es könne eine schnelle Lösung „ohne einen Geiselaustausch“ geben. Das Auswärtige Amt sprach von schwierigen Verhandlungen zwischen der OSZE und den Separatisten.

Die Aktivisten in Slawjansk tauschten überdies nach eigenen Angaben zwei gefangene Mitglieder des ukrainischen Geheimdiensts SBU gegen eigene Anhänger aus. Die Verhandlungen mit der Regierung seien erfolgreich gewesen, zitierte Interfax einen Sprecher.

Neben den Separatisten hat die Ukraine auch mit einer finanziellen Schieflage zu kämpfen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) greift dem Land daher nun mit Hilfen in Höhe von 17 Milliarden Dollar (12,3 Milliarden Euro) für zwei Jahre unter die Arme. Das Geld soll die finanzielle Stabilität des Landes wiederherstellen und Wirtschaftswachstum in Gang setzen. Auf Druck des IWF erhöhte die Ukraine die Gaspreise drastisch. Privathaushalte müssen seit Donnerstag 40 Prozent mehr bezahlen. Zum 1. Mai 2016 und zum 1. Mai 2017 sind Aufschläge von jeweils 20 Prozent geplant.

 
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