„Birnen, Bohnen und Speck“ reichen die Genossen im Berliner Willy-Brandt-Haus, der im Norden beliebte Eintopf soll die passende kulinarische Grundlage für die geplante Party zur Wahl in Schleswig-Holstein liefern. Doch auf das gräuliche Dreierlei im Warmhaltebehälter hat schon vor der Schließung der Wahllokale um 18 Uhr kaum einer Lust. Und als die ersten Hochrechnungen auf den Großbildleinwänden im stahlgläsernen Foyer der Parteizentrale erscheinen, vergeht den kaum hundert hier versammelten SPD-Anhängern endgültig der Appetit.
Die eben noch gespannt-erwartungsfrohen Gespräche verstummen schlagartig, als klar wird, welches Debakel, welche Schlappe die Sozialdemokraten im Norden erlitten haben. Die sogenannte Küstenkoalition, das landestypische Dreierlei aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband, ist definitiv abgewählt. Eine klare Absage an den bisherigen SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig und ein Dämpfer für die SPD-Ambitionen für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen in einer Woche und die Bundestagswahl in viereinhalb Monaten.
SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz versucht denn auch erst gar nicht, die Niederlage schönzureden: „Ich bin enttäuscht und traurig, das geht unter die Haut“, sagt er, gratuliert der CDU zu einem „großen Erfolg“. Nach der Pleite im Saarland vor wenigen Wochen ist es bereits die zweite Niederlage, die er als Parteichef verantworten muss. Und so hakt Schulz die Niederlage in Kiel auch postwendend ab und versucht, die SPD auf den Endspurt des Wahlkampfs in Nordrhein-Westfalen einzuschwören: „Jetzt werden wir die Ärmel hochkrempeln und zeigen, dass Hannelore Kraft die bessere Alternative ist.“
Im Konrad-Adenauer-Haus bei der CDU dagegen ist der Jubel groß: Fulminanter Sieg für den erst 43-jährigen Daniel Günther. Generalsekretär Peter Tauber führt den Wahlsieg seiner Partei darauf zurück, dass sie „geschlossen gekämpft“ und die Kräfte richtig konzentriert habe. Nun müsse die CDU in Nordrhein-Westfalen bis kommenden Sonntag „weiter bei Wind und Wetter, auf Straßen und Plätzen und an den Haustüren Wahlkampf machen, damit auch dort der Politikwechsel gelingt“.
Und der CSU-Europapolitiker Manfred Weber glaubt: „Der Schulz-Effekt ist für die SPD mehr und mehr ein Negativ-Effekt.“
Große Erleichterung herrscht bei den Grünen: Das gute Ergebnis von 2012 wurde in etwa gehalten, für die bundesweit im Umfragetief steckende Ökopartei ist die befürchtete Wahlschlappe ausgeblieben. „Heute Abend gibt es einen klaren Wählerauftrag, die Wähler wollen die Grünen in der Regierung haben“, sagt Parteichef Cem Özdemir.
FDP-Chef Christian Lindner sieht im starken Wahlergebnis seiner Partei ein „positives Signal für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen in einer Woche“. Es sei Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki und den „modernen Themen“ der FDP zu verdanken. Die AfD, die erstmals den Einzug ins Kieler Parlament schafft, zeigt sich zufrieden.