Eine schlagkräftige Truppe sollten sie werden – sorgfältig ausgewählte syrische Kämpfer, die von den USA und der Türkei ausgebildet und als „gemäßigte Rebellen“ unter dem Namen „Division 30“ zum Kampf gegen den IS nach Syrien geschickt worden sind. Doch schon der erste Einsatz ging gründlich daneben. Ein Teil der mehr als 50 Kämpfer wurde zusammen mit ihrem Kommandanten von der zu El Kaida gehörenden Nusra-Front gefangen genommen. Andere brachten sich ausgerechnet bei der syrischen Kurdenpartei PYD in Sicherheit, die von der Türkei als Ableger der PKK-Kurdenrebellen misstrauisch beobachtet wird.
Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete, US-Kampfdrohnen hätten nach den Gefangennahmen die Stellungen der Nusra-Front in Nordsyrien angegriffen. Doch die Kaida-Truppe zeigte sich unbeeindruckt und kostete den Erfolg gegen den Westen genüsslich aus. Sie führte die gefangenen Mitglieder der neuen Rebellentruppe vor der Kamera vor.
Peinlich für die USA und die Türkei
Der missglückte erste Einsatz der „Division 30“ ist peinlich für die USA und die Türkei. Denn sie erhofften sich eine Veränderung der militärischen Balance unter den syrischen Rebellen, bei denen islamische Extremisten bisher den Ton angeben. Die vom Westen unterstützte „Freie Syrische Armee“ (FSA) ist dagegen wegen interner Streitigkeiten so weit ins Hintertreffen geraten, dass ein türkischer Regierungsvertreter jetzt auf die Frage, ob die FSA überhaupt noch existiere, mit einem Schulterzucken reagierte: „Ich weiß es nicht“, sagte er.
Auch in anderen Bereichen der türkisch-amerikanischen Zusammenarbeit in Syrien knirscht es vernehmlich. So streiten sich Ankara und Washington darüber, ob US-Jets von türkischen Stützpunkten aus mit Luftangriffen den syrischen Kurden gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) helfen dürfen. Die Türkei will das auf keinen Fall: Angriffe zur Unterstützung der syrischen Kurden gehörten nicht zur Absprache über die Öffnung der türkischen Stützpunkte für die Amerikaner, heißt es in türkischen Regierungskreisen. Dagegen erklärte das US-Außenministerium, die syrischen Kurden würden auch nach Beginn der Einsätze der amerikanischen Jets von türkischen Stützpunkten aus weiterhin unterstützt.
Die syrisch-kurdische PYD und deren Miliz YPG hatten in den vergangenen Monaten einige wichtige militärische Erfolge gegen den IS erzielt. Für die USA sind die syrischen Kurden deshalb ein wichtiger Partner im Kampf gegen die Extremisten – während die Türkei befürchtet, die PYD wolle die Gunst der Stunde nutzen und in Nord-Syrien einen Kurdenstaat gründen.
Um die syrischen Kurden aufzuhalten, plant die Türkei die Einrichtung einer Sicherheitszone im Norden Syriens. Laut Presseberichten ist dafür ein etwa 80 Kilometer langer und 30 Kilometer breiter Gebietsstreifen südöstlich der türkischen Grenzprovinz Kilis im Gespräch. Alle IS-Verbände sollen nach den Worten von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu aus dem Streifen vertrieben werden; anschließend sollen westliche Kampfflugzeuge das Gebiet aus der Luft überwachen, während FSA-Einheiten am Boden kontrollieren. Eine türkische Truppenentsendung ist nicht vorgesehen.
Offiziell will die Türkei mit der Zone eine Zuflucht für syrische Flüchtlinge schaffen. Inoffiziell lautet das Ziel, eine Vereinigung kurdischer Siedlungsgebiete in Nord-Syrien zu einem homogenen Gebilde zu verhindern.
Derzeit erscheint der Plan mehr Wunschdenken als konkretes Projekt der Türken zu sein. Syriens Verbündeter Russland kritisiert die Pläne für die türkisch-amerikanische Luftüberwachung, während die USA betonen, es gebe keine Vorbereitungen für eine Schutzzone. Ankara rudert deshalb zurück. In türkischen Regierungskreisen heißt es, von einer richtigen Schutzzone könne man eigentlich nicht reden, höchstens von einer „De-facto-Schutzzone“. Was das sein soll, weiß aber offenbar niemand.