
Es ist eine Reise in die Vergangenheit, in ein beschauliches Tal im Schwarzwald, in dem Fernsehgeschichte geschrieben wurde. Mit dem Ziel im Kopf, kommen Erinnerungen an Professor Brinkmann hoch. An seine fürsorgliche Art, mit der er Patienten behandelte.
In den 80ern zog diese heile Welt, geschaffen von Erfolgsproduzent Wolfgang Rademann, Samstag für Samstag bis zu 28 Millionen Zuschauer vor die Fernsehgeräte. „Die Schwarzwaldklinik“ war die deutsche Antwort auf die US-Serien „Dallas“ und „Der Denver-Clan“.
Bis zu 40 Busse täglich
Ankunft in Glottertal. Rund 3000 Einwohner, jährlich 35 000 Gäste. An der Hauptstraße befindet sich eine Pension neben der anderen. Es ist Hochsaison. Wegen der vielen Autos kann abschnittsweise nur Schritttempo gefahren werden. Wer etwas über die Schwarzwaldklinik erfahren möchte, geht in ein Café, das sich in einer Seitengasse befindet. Fritz Schill, ein gelernter Friseur, betreibt es seit 1980. Damals legte er die Schere aus der Hand und entschied sich dafür, Touristen Schwarzwälder Kirschtorte und Kaffee zu servieren. Sein Betrieb befand sich in einer B-Lage, wie man heute sagen würde. Zunächst.
Fährt man die Straße rund 400 Meter weiter, erreicht man den Carlsbau, in dem sich seit 100 Jahren Reha-Einrichtungen und Krankenhäuser befinden. Es ist das Gebäude, an dem im August 1984 die Dreharbeiten für „Die Schwarzwaldklinik“ begannen. Ob Stars wie Klausjürgen Wussow oder Gaby Dohm, Drehteams oder Touristen – alle mussten an Schills Café vorbei. Aus der B-Lage wurde eine A-Lage mit drei Sternchen. Bis zu 40 Busse täglich fuhren den Parkplatz des ge-genüberliegenden Freibads an. Von dort schwärmten die Besucher in Richtung der Schwarzwaldklinik aus. Schill erkannte seine Chance. Er ließ alles mit einem Bild der Klinik bedrucken, was bedruckt werden konnte. Tassen, Teller, Gläser. „Es war eine Goldgräberstimmung“, sagt der 65-Jährige. Noch heute stehen Souvenirs in den Regalen. Wann er zuletzt eines davon verkauft hat, daran kann er sich nicht mehr erinnern.
Doch die Bilder der Zeit bleiben. An den Wänden hängen Fotos von Filmaufnahmen oder Privatfotos der „Schwarzwaldklinik“-Stars, vor allem Klausjürgen Wussow alias Professor Brinkmann ist häufig zu sehen. Der TV-Chefarzt ist bei Schill gelegentlich eingekehrt. Nach ihm hat Schill die kleine Brücke benannt, die über einen Bach in sein Café führt. Schill ist 2007 auch auf der Beerdigung Wussows gewesen. An den Ort, an dem Professor Brinkmann mit anderen Serienfiguren wie Oberschwester Hildegard oder Pfleger Mischa tätig war, zieht es heute nur noch vereinzelt Touristen. „Die meisten machen nur einen kurzen Abstecher zur Klinik“, sagt Andrea Würzburger von der Tourist-Information Glottertal.
Millionenteure Sanierung
Zu den Kurzbesuchern gehören auch Pascale Welter und Pierrot Haag. Die Serie sei auch in ihrem Heimatland Luxemburg erfolgreich gewesen, erzählt Welter. Sie versucht, an den dichten Bäumen vorbei einen Blick auf das Gebäude zu erhaschen. Dachfirst, die roten Ziegel, die ersten Fenster. „Ganz schön groß“, meint sie.
Während draußen etwa ein Dutzend Touristen herumstehen, findet in einem der Jugendstilsäle eine Pressekonferenz statt. Die Deutsche Rentenversicherung (RV) hat das Gebäude an die Kur und Reha GmbH aus Freiburg verkauft, das Krankenhaus wird Kurhaus und Teil eines Verbundes für psychosomatische Medizin und Suchterkrankungen. Vier Millionen Euro wolle man in die Sanierung investieren, erklärt Geschäftsführer Melcher Franck. Am 1. Juli 2014 soll der Betrieb aufgenommen werden. Was hat die Fernsehklinik gekostet? „Darüber haben wir Stillschweigen vereinbart. Jedenfalls mehr als ein Euro“, sagt RV-Direktor Hubert Seiter. Die Zeiten haben sich geändert, auch für die Schwarzwaldklinik.
Hanspeter Prögel leitete während der Ära der TV-Serie das Verkehrsamt im Glottertaler Rathaus. Der 76-Jährige kann viel erzählen. Unzählige Anrufe habe er bekommen, alles war dabei – von Autogrammwünschen bis hin zu an Krebs erkrankten Personen, die sich von Professor Brinkmann Heilung erhofften. Dabei wurde in der Schwarzwaldklinik nie operiert. Sie diente nur als Außenkulisse. Alle Innenaufnahmen wurden in einem Studio gedreht. Und das befindet sich in Hamburg.