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MÜNCHEN
Schwarzbuch kritisiert Steuervergeudung
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 15.10.2016 03:45 Uhr

Baupfusch, Fehlplanung, mangelhafte Kostenkontrolle und der Vorwurf des „Polittourismus“: Mit seinem neuesten Schwarzbuch für das Jahr 2016 hat der Bund der Steuerzahler (BdS) auch in Bayern erneut Steuergeldverschwendung in Millionenhöhe durch die öffentliche Verwaltung angeprangert.

Lösegeld als Verschwendung?

Ein eigenes Kapitel bekommt der Hackerangriff auf das Rathaus in Dettelbach (Lkr. Kitzingen) in diesem Februar: Ein Erpresser hatte damals die Stadtverwaltung mit einem Computervirus lahmgelegt. Dass die Stadt versucht habe, die Daten durch Zahlung eines Lösegelds von 490 Euro zurückzuholen, sei zwar „nachvollziehbar“. Trotzdem komme „die Zahlung von Erpressergeldern der Verschwendung von Steuergeldern gleich“, findet der BdS. Auch müsse sich die Stadt den Vorwurf gefallen lassen, ihre Daten nicht ausreichend gesichert zu haben.

Insgesamt zehn Fälle aus den letzten zwölf Monaten listen die selbst ernannten Steuerwächter für den Freistaat auf. Allein diese Auswahl zeige, „dass die Verschwendung von Steuergeld nach wie vor an der Tagesordnung ist“, sagte die Vizepräsidentin des Steuerzahlerbundes, Maria Ritch: In Zeiten von Rekordsteuereinnahmen habe der Staat deshalb „kein Einnahmeproblem, sondern ein Verschwendungsproblem“.

Kritik an „Polittourismus“

So knöpft sich der Verband in diesem Jahr unter anderem den Landtag vor: „Kein Verständnis haben die Steuerzahler dafür, dass ihre politischen Vertreter oft ihr Fernweh gleichsam auf ihre Kosten stillen“, glaubt Ritch. Konkret geht es um drei Auslandsreisen von Parlamentariern in diesem Frühjahr: Der Ausschuss für Rechtsfragen reiste nach Kuba, der Haushaltsausschuss nach Japan und der Gesundheitsausschuss nach Abu Dhabi und Dubai.

Zwar hätten die Abgeordneten auf „sparsames Reisen“ geachtet. Auch wolle man den bayerischen Abgeordneten „keineswegs einen Blick über den Tellerrand verweigern“. In Zeiten moderner Kommunikationsmittel seien solche Fernreisen jedoch überflüssig, findet der Steuerzahlerbund. Zudem stelle sich die Frage, ob „dieser Polittourismus den Steuerzahlern als Financiers unseres Staates noch vermittelbar“ sei.

Eine Kritik, die man im Landtag absolut nicht nachvollziehen kann, denn nach früheren Reiseskandalen wurden die Regeln für Abgeordnetenreisen vor einigen Jahren deutlich verschärft: So sei ein straffes Programm mit vielen Fachterminen Voraussetzung für die Genehmigung. Jedem Ausschussmitglied stehe zudem für die fünfjährige Wahlperiode ein fixes Reisebudget von 4400 Euro zur Verfügung, das jeder Ausschuss beliebig aufteilen könne.

Auch von der Kritik betroffene Abgeordnete reagierten auf Nachfrage dieser Redaktion verärgert: „Ich rate dem Steuerzahlerbund, auch mal den eigenen Horizont zu erweitern“, schimpft etwa der Haushaltsausschuss-Vorsitzende Peter Winter (CSU). Denn die Japan-Reise sei „absolut im Sinne des BdS“ gewesen, ergänzt der CSU-Haushaltspolitiker Ernst Weidenbusch – weil man sich dort über die Folgen einer zügellosen Verschuldung informiert habe.

„Oberflächlich und schlampig“ habe der Steuerzahlerbund recherchiert, schimpft auch Rechtsausschuss-Chef Franz Schindler (SPD): „Sonst hätte er nämlich die politische Bedeutung einer Kuba-Reise in Zeiten des Wandels leicht erkannt.“

Es gehöre zum Selbstverständnis des Landtags, Besuche internationaler Partner zu erwidern, sich aber auch „aus erster Hand einen Überblick über Probleme und Chancen in den Teilen der Welt zu verschaffen, die für den Freistaat Bayern politisch und wirtschaftlich von großem Interesse sind“, erklärte auch Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU).

Ärgernis Baukostenexplosion

Die meiste Kritik des Steuerzahlerbundes richtet sich aber auf Geldverschwendung am Bau: So habe etwa im schwäbischen Aichach der Baupfusch einer spanischen Baufirma beim Fliesenlegen in der Justizvollzugsanstalt zu Mehrkosten von 785 000 Euro und einer verspäteten Fertigstellung geführt. Dass dieses Geld nun vor Gericht zurückgeholt werden soll, ändere nichts daran, dass die Extraausgaben „zunächst die bayerischen Steuerzahler zu berappen hatten“, findet der BdS.

Deutliche „Baukostenexplosionen“ beklagen die Steuerwächter zudem unter anderem beim Gärtnerplatztheater in München (von 70,4 auf 97 Millionen Euro) oder beim NS-Dokuzentrum Obersalzberg (von 14,6 auf 21,35 Millionen Euro).

  
 
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