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BERLIN
Schulz ist fort – Ist Gabriel noch zu halten?
GERMANY-CARNIVAL       -  Ein Motivwagen beim Rosenmontagszug in Düsseldorf zeigte Martin Schulz.
Foto: Patrik Stollarz, afp | Ein Motivwagen beim Rosenmontagszug in Düsseldorf zeigte Martin Schulz.
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 22.02.2018 02:52 Uhr

Er kann auch anders. Nach Tagen der Turbulenzen und des Chaos in seiner Partei gibt sich der frühere SPD-Chef und (noch) geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel plötzlich kleinlaut und reumütig. Dass er in seiner Abrechnung mit seinem Nachfolger Martin Schulz auch seine Tochter mit den Worten zitiert habe: „Papa, jetzt hast du doch mehr Zeit für uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht“, sei ein Fehler gewesen, räumt er ein, wie es am Montag in der SPD heißt.

Er habe „die Wucht seiner Worte unterschätzt“, zitiert der Berliner „Tagesspiegel“ enge Gabriel-Vertraute. Er bedauere es mittlerweile, seine Tochter überhaupt erwähnt zu haben. Vielmehr habe er lediglich versucht, gegenüber seiner Heimatzeitung in Goslar eine „eher humorvolle Bemerkung“ zu machen.

Doch nun ist es zu spät. Der Schaden ist enorm. Für Schulz, Gabriel und die SPD. Schulz hat nach seinem Rücktritt als SPD-Chef auch seinen Verzicht auf den Posten des Außenministers bekannt gegeben.

Gabriel dürfte nach Lage der Dinge ebenfalls kaum mehr eine Chance auf eine Berufung ins Kabinett haben, und in der SPD herrschen Fassungslosigkeit und Entsetzen über das Hauen und Stechen an der Parteispitze und der gegenseitigen Demontage des Spitzenpersonals.

Schon am Dienstag soll daher nach dem Willen einiger führender Vertreter der Partei bei einer Sitzung des Präsidiums im Berliner Willy-Brandt-Haus das Vakuum an der Spitze beseitigt und Fraktionschefin Andrea Nahles zur kommissarischen Vorsitzenden berufen werden. Nachdem sich bereits die stellvertretende Vorsitzende Manuela Schwesig für einen raschen Wechsel ausgesprochen hatte, nannte auch Johannes Kahrs, der Chef des einflussreichen konservativen Seeheimer Kreises, diesen Schritt „sinnvoll“.

Auf einem Sonderparteitag Mitte März könnte Nahles dann endgültig gewählt werden. Allerdings steht auch die Urwahl der Vorsitzenden durch die Mitglieder im Raum. Generalsekretär Lars Klingbeil oder die geschäftsführende Familienministerin Katarina Barley zeigten sich offen für einen Mitgliederentscheid, der Landesverband Sachsen-Anhalt sprach sich sogar formal dafür aus. „Wer künftig die SPD führt, braucht Rückhalt aus der ganzen Partei“, erklärte Landeschef Burkhard Lischka nach einer Telefonkonferenz des Landesvorstands. Ein Mitgliedervotum gewährleiste das.

Aber nicht nur in der SPD, sondern auch in der CDU gingen am Montag die Debatten um die Ergebnisse des Koalitionsvertrages, die Ressortverteilung sowie die personelle Erneuerung der Partei weiter. Der Versuch von Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit einem Auftritt bei der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ den Kritikern entgegenzukommen, Verständnis für deren Forderung zu zeigen und eine Verjüngung des Kabinetts zu versprechen, ging nur zum Teil auf. Vor allem ihre Ankündigung, noch einmal vier Jahre regieren zu wollen, stieß auf Kritik. „Der Versuch, mit dem üblichen ,Weiter so‘ das schlechte Verhandlungsergebnis und die Wahlschlappe von September schönzureden, hat mich nicht überzeugt“, sagte der rheinland-pfälzische Merkel-Kritiker Klaus-Peter Willsch. „Wir müssen uns in der CDU schon jetzt überlegen, wie wir uns ohne Merkel neu aufstellen.“

Als „völlig unzureichend“ bewertete ein Mitglied der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion gegenüber unserer Zeitung das Versprechen Merkels, auch „Unter-60-Jährige“ ins Kabinett zu berufen. „Das ist doch keine personelle Erneuerung“. Nötig sei vielmehr eine „umfassende Verjüngung“ der Partei. „Da muss noch viel mehr passieren.“

Dagegen goss der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, kein neues Öl ins Feuer, sondern lobte Merkels Signal der Erneuerung als „ein gutes Zeichen“. Auch dass die Kanzlerin versprochen habe, bis zum Parteitag der CDU am 26. Februar eine Liste über die künftigen CDU-Ministerinnen und Minister vorzulegen, sei positiv. „Sie hat verstanden und hat das gestern Abend im ZDF kundgetan, dass es diese Liste geben wird.“

Wie die personelle Erneuerung allerdings konkret aussehen soll, ließ Merkel offen, Namen nannte sie nicht. Der immer ins Gespräch gebrachte 37-jährige Jens Spahn, derzeit Staatssekretär im Finanzministerium, könnte neuer CDU-Generalsekretär werden und den schwer kranken Peter Tauber ablösen. Der Wechsel der rheinland-pfälzischen Oppositionsführerin Julia Klöckner (45) ins Kabinett als neue Agrarministerin scheint sicher zu sein. Und der 40-jährige Carsten Linnemann, Chef der einflussreichen Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU, könnte vielleicht einen Staatssekretärsposten erhalten.

 
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