Peter Altmaier sieht vom monatelangen Einsatz für die Energiewende sichtlich mitgenommen aus. Mit leerem Blick starrt der Bundesumweltminister nach vorn, während Philipp Rösler neben ihm mantrahaft das Leitmotto der Energiewende predigt: Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit. Nach einer Stunde geht es plötzlich um den nach dem Maya-Kalender für Freitag vorhergesagten Weltuntergang. Da ist Altmaier hellwach. Er glaubt, dass seine Arbeit auch nach dem 21. Dezember weitergehen wird. Aber wenn die Staaten weiter auf Öl, Gas, Kohle und Atom setzten, könne die Welt mittelfristig in ein untergangsähnliches Fahrwasser geraten.
Die Weihnachtsbotschaft von Umwelt- und Wirtschaftsminister bei ihrem Auftritt am Mittwoch: „Wir wollen gemeinsam den Erfolg dieses Projekts“, betont der CDU-Politiker Altmaier bei der Vorstellung des Monitoringberichts zur Energiewende. Auch FDP-Chef Rösler verzichtet auf alle Sticheleien – er hat seine Forderung nach einer Senkung der Stromsteuer scheinbar beerdigt. Rösler ist stolz darauf, dass das Kabinett am Mittwoch grünes Licht für den Bau von 2800 Kilometern an neuen Stromautobahnen gegeben hat, zum Transport von Windstrom aus dem Norden in den Süden.
Kanzlerin Angela Merkel und ihre obersten Energiewendebeauftragten Altmaier und Rösler geben die Devise aus: alles im grünen Bereich – über 160 Maßnahmen seien bereits angestoßen. Aber ganz so rosig sieht es dann doch nicht aus. Vor allem der Streit der beiden Minister um den EU-Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten muss bis Februar gelöst werden. EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard will 900 Millionen CO2-Zertifikate vom Markt zurückhalten, um den in den Keller gestürzten Preis wieder zu steigern. Rösler forderte Altmaier auf, seine Mitarbeiter anzuweisen, auf EU-Ebene „kein positives Signal Deutschlands“ dazu zu geben. Er will zum Schutz der Industrie keine Preissteigerungen.
Das ist aber nicht das einzige Problem. Da sich wegen der billigen CO2-Zertifikate alte Kohlekraftwerke wieder sehr rentieren, lohnt der dringend notwendige Neubau von Gaskraftwerken derzeit nicht. Sie sollen Atom- und Kohlekraftwerke ersetzen und die wetterabhängige Ökostromerzeugung abpuffern. Auch die Klimaschutzziele Deutschlands könnten durch die Kohle-Renaissance in Gefahr geraten. Und bisher gibt es keine griffige Reformidee für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), um den rasanten Ökoenergieausbau mit dem Netzausbau abzustimmen, Förderkosten zu senken und dafür zu sorgen, dass sich Wind- und Solarstrom bald ohne Zuschüsse tragen.
Wie diffizil die Kostenfrage ist, zeigt ein anderes Beispiel: Um die Zahl der Unternehmensrabatte bei der Förderung von Ökoenergie wieder einzudämmen, werden sie gerade überprüft – denn die Bürger zahlen auch diese über den Strompreis mit. So wird über ein Aus der Nachlässe für Verkehrsunternehmen diskutiert. Doch die drohen mit Ticketerhöhungen – die Rabatte waren eingeführt worden, um den Umstieg auf den Nahverkehr zu befördern. 2057 Unternehmen haben beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Anträge gestellt – 2013 wurden erst 734 Unternehmen begünstigt, davon 51 Schienenbahnen.
Viel dreht sich seit Wochen um die im Schnitt zwölfprozentigen Strompreiserhöhungen 2013. Die Regierung weiß: Die billigste Energie ist die, die erst gar nicht verbraucht wird. Sie will hier einen neuen Schwerpunkt setzen – auch mit mehr Gebäudesanierungen. Denn mehr Effizienz bedeutet weniger Windparks und Gaskraftwerke, weniger Netze, weniger Verbrauch und damit auch weniger Kosten für die Bürger.