Die US-Waffenlobby schlägt nach dem Schulmassaker mit 27 Toten den bewaffneten Schutz aller Schulen vor. Bewaffnete Polizisten und bewaffnete Wächter sollten in jeder Schule in den USA Dienst tun, forderte der Vizechef der mächtigen National Rifle Association NRA, Wayne LaPierre, am Freitag in Washington.
„Der einzige Weg, einen schlechten Typen mit einer Kanone zu stoppen, ist ein guter Typ mit einer Kanone“, sagte LaPierre. Zugleich gedachten eine Woche nach dem Blutbad Amerikaner im ganzen Land der Toten. Auch Präsident Barack Obama hielt im Weißen Haus eine Schweigeminute.
LaPierre wandte sich bei seinem Presseauftritt gegen strengere Gesetze zum Erwerb von Schusswaffen in den USA. Solche Gesetze würden nichts bringen. Doch Waffen an Schulen dürften nicht länger ein Tabu sein. Das Weiße Haus, Sportstadien und öffentliche Gebäude würden mit Waffen geschützt. „Doch unsere geliebten, unschuldigen und verletzbaren Kinder lassen wir jeden Tag furchtbar schutzlos.“ Die NRA, die nach eigenen Angaben vier Millionen Mitglieder zählt, gilt als einer der mächtigsten Lobbys in den USA.
„Blut an den Händen“
Zugleich kam es bei dem Presseauftritt, wo Journalisten keine Fragen stellen durften, zu einem Zwischenfall. Ein Mann hielt ein Spruchband mit den Worten „Die NRA tötet unsere Kinder“ vor den Sprecher. Andere Demonstranten riefen: „Die NRA hat Blut an den Händen. Stoppt jetzt den Verkauf von Sturmgewehren.“ Ein 20-jähriger Amokläufer hatte vor eine Woche eine solche Waffe benutzt, mit der man innerhalb kürzester Zeit Hunderte Schüsse abgeben kann. Obama fordert das Verbot solcher Waffen. Er tritt für entschlossenes Handeln im Kampf für schärfere Waffengesetze ein.
Waffenlobbyist LaPierre rief zu einem nationalen Programm zum Schutz der Kinder an Schulen auf. Die NRA sei bereit, dabei etwa mit Trainingsprogrammen zu helfen. Doch die Medien würden die NRA hassen und ihre Ziele verunglimpfen, klagte LaPierre.
In Newtown gedachten die Menschen der Opfer des Blutbads. Während die Fahnen auf Halbmast wehten, schlugen Kirchenglocken langsam 26 Mal – für jedes Opfer in der Schule einmal. Viele Bundesstaaten hatten sich dem Vorschlag Connecticuts angeschlossen und auch um eine Schweigeminute um 9.30 Uhr (Ortszeit) gebeten.
Der große Bundesstaat Ohio lockerte unterdessen seine Vorschriften zum Tragen von Schusswaffen. So werden Waffenbesitzer dort künftig nur noch beim Erwerb einer Lizenz geprüft, nicht mehr bei deren Verlängerung. Außerdem dürfen Waffen verdeckt an mehr Plätzen getragen werden – selbst in der Garage des regionalen Parlaments in der Hauptstadt Columbus. Die Gesetzesänderung war lange vor dem Amoklauf in Gang gesetzt worden.
Ohio lockert Vorschriften
Am Freitag der vergangenen Woche hatte ein Amokläufer zunächst seine Mutter erschossen, bevor er in die Grundschule eindrang. Dort tötete er sechs Frauen und 20 Kinder. Die ältesten Schüler waren gerade sieben, der jüngste war drei Wochen zuvor sechs geworden. Als die Polizei anrückte, erschoss sich der Täter.
Anläufe, die laxen US-Waffengesetze zu verschärfen, sind in der Vergangenheit schon mehrfach gescheitert – nicht zuletzt, weil die NRA ihre Muskeln spielen ließ. Doch diesmal sei alles anders, meinen US-Kommentatoren. Die US-Medien spekulieren, dass sich einzelne Abgeordnete und Senatoren von der Lobby abwenden. Zudem gibt sich Barack Obama diesmal fest entschlossen. Die „Washington Post“ spricht bereits von einem „bevorstehenden Showdown über Waffengesetze“. Das sind Töne, die in Washington lange nicht zu hören waren.