Nach den Terroranschlägen von Paris herrscht auch an vielen Schulen in Deutschland Verunsicherung: Sollten Jugendliche trotz der angespannten Sicherheitslage weiter nach Frankreich fahren oder nicht? Einige Klassenfahrten sind schon abgesagt oder stehen auf der Kippe. Viele Schulen in Deutschland wollen aber auch an ihren Plänen für Frankreichreisen festhalten.
Die Schulministerien der Länder wollen keine Vorgabe machen, sondern den einzelnen Schulen die Entscheidung überlassen. Das Bildungsministerium in Paris hat anders reagiert: Seit den Terroranschlägen sind aus Sicherheitsgründen sämtliche Schülerausflüge, Exkursionen und auch Schüleraustausch untersagt. In dem Nachbarland gilt seit den Terroranschlägen der Ausnahmezustand, dieser bleibt voraussichtlich bis Ende Februar bestehen. Folge sind unter anderem strenge Kontrollen für Reisende.
Das Deutsch-Französische Jugendwerk in BERLIN berichtet über Folgen des Terrors in Paris. «Ich kann nicht sagen, dass es massiv wäre, aber es gibt hier und da Absagen von Gruppenaustauschen», sagte eine Sprecherin. Auch riefen immer wieder Eltern an, die nicht wüssten, ob sie ihre Kinder zu Gastfamilien in Frankreich reisen lassen sollten.
In den einzelnen Bundesländern reagieren Schulen ganz unterschiedlich. In SACHSEN-ANHALT hat das Liborius-Gymnasium Dessau 17 Schüler zurückgeholt, die seit 12. November in Roubaix waren. Der Austausch wurde vorzeitig beendet, wie das Landesschulamt in Halle berichtete. Auch das Heinrich-Mann-Gymnasium in Erfurt, THÜRINGEN, erwartete etwa 35 Schüler vorzeitig aus Frankreich zurück.
Die Integrierte Gesamtschule Contwig in RHEINLAND-PFALZ sagte schon jetzt eine Reise zur Fußball-Europameisterschaft im Sommer 2016 nach Paris ab. Nach den Anschlägen hätten sich sofort besorgte Eltern erkundigt, wie die Sicherheit der Jugendlichen gewährleistet werden könne, berichtete Lehrerin Steffi Theis. Da das nicht möglich sei, habe man aus Sicherheitsgründen diese Entscheidung getroffen.
In Freiburg, BADEN-WÜRTTEMBERG, sagte ein deutsch-französisches Gymnasium eine Fahrt zu einer Bildungsmesse nach Straßburg ab. «Das ist ärgerlich», sagte Schulleiter Johannes Remmer. «Wir wollen am liebsten Business as usual machen und zeigen, dass wir uns vom Terror nicht in unserer Freiheit einschränken lassen.»
Auch am Stuttgarter Wagenburg-Gymnasium, das viele Franzosen besuchen, überwiegt die Jetzt-erst-recht-Haltung. «Wir wollen den Kontakt nach Frankreich eher intensivieren, als von terroristischen Anschlägen lahmlegen lassen», sagte die Schulleiterin Petra Wagner. Ihre Schüler wollten trotz des mulmigen Gefühls einzelner zu der Straßburger Messe fahren.
Die Kultusministerin von NIEDERSACHSEN, Frauke Heiligenstadt (SPD), kann zwar die Verunsicherung nachvollziehen. Sie sagt aber auch: «Terror darf nicht dazu führen, dass wir uns langfristig in unserer Freiheit und unserem Handeln einschränken lassen.» Ansonsten hätten Terroristen ihr Ziel erreicht.
In HAMBURG gehen die Eltern offenbar locker mit der Situation um: In den Austauschprogrammen der dortigen Behörde für Schule und Berufsbildung sind nach Angaben des Sprechers Peter Albrecht aktuell zehn Schüler in Toulouse, 16 Schüler in der Provence. «Bislang gab es von den Eltern der aktuell teilnehmenden Schüler und Schülerinnen keinerlei Nachfragen zu den Ereignissen in Paris», sagte Albrecht.
Aus MECKLENBURG-VORPOMMERN sind laut Bildungsministerium derzeit 60 Schüler zu dreimonatigen Austauschen in Frankreich. Über Absagen ist dem Ministerium nichts bekannt.
Direkt an der Grenze zu Frankreich, im SAARLAND, hält sich das Deutsch-Französische Gymnasium Saarbrücken an die Vorgaben des Erziehungsministeriums in Frankreich. «Transporte in Gruppen sind verboten», sagte die Schulleiterin der französischen Abteilung, Michelle Krill. Alle seien wegen der Vorfälle besorgt, berichtete die Lehrerin, das betreffe nicht nur die Eltern. Schon seit den Anschlägen auf das französische Satiremagazin «Charlie Hebdo» im Januar gebe es eine Schülergruppe, die sich regelmäßig treffe.
Intensive Kontakte nach Frankreich pflegt auch die Martin-Luther Schule in Rimbach, HESSEN. Laut Schulleiterin Beate Wilhelm stehen keine Besuche auf dem Programm. Falls Stippvisiten zu Weihnachtsmärkten infrage kommen, will die Schulleiterin mit Aufsichtsbehörden und den Eltern sprechen.