Der Schriftsteller Erich Loest ist tot. Er starb am Donnerstagabend in seiner Heimatstadt Leipzig. Wie die Polizei mitteilte, nahm sich der 87-Jährige allem Anschein nach selbst das Leben. Er stürzte sich offenbar aus einem Fenster der Leipziger Universitätsklinik.
Die Nachricht vom Tod des Literaten löste weit über Ostdeutschland hinaus große Trauer aus. Vertreter aus Politik und Gesellschaft äußerten sich bestürzt über den Verlust des literarischen Chronisten deutsch-deutscher Geschichte. Zu seinen bekanntesten Romanen zählen „Völkerschlachtdenkmal“ und „Nikolaikirche“.
Loest begann nach Kriegsdienst und amerikanischer Gefangenschaft 1947 ein Volontariat bei der „Leipziger Volkszeitung“. Er trat der SED bei und schrieb den Roman „Jungen, die übrig bleiben“. Als die Erzählung über seine Kriegsgeneration 1950 veröffentlicht wurde, warf ihm die Partei „Standpunktlosigkeit“ vor. In den Folgejahren wurde Loest massiv von der Staatssicherheit überwacht und saß siebeneinhalb Jahre im berüchtigten DDR-Zuchthaus Bautzen. Mit dem autobiografischen Roman „Es geht seinen Gang oder die Mühen der Ebene“ meldete er sich 1978 auf der Bühne der zeitkritischen DDR-Literatur zurück.
In einem offenen Brief an SED-Parteichef Erich Honecker kritisierte Loest 1979 gemeinsam mit anderen Schriftstellern die Zensur in der DDR. Er wurde aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen und bekam Publikationsverbot. 1981 verließ er entnervt die DDR in Richtung Westen, wo er in Osnabrück und später in Bad Godesberg lebte. Als die Mauer fiel, kehrte er nach Leipzig zurück. 1995 erschien sein Roman „Nikolaikirche“ um die Ereignisse der Leipziger Montagsdemonstrationen vom Herbst 1989.