Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will verhindern, dass der umstrittene Film mit dem Titel „Die Unschuld der Muslime“ gezeigt werden darf. Die Meinungen dazu sind allerdings geteilt. Aus der Opposition kam die Warnung, dass es dafür keine rechtliche Grundlage gebe. Der in den USA hergestellte Film hatte in der islamischen Welt schwere Proteste ausgelöst.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach ebenfalls von „guten Gründen“ für ein Verbot. Die entscheidende Frage sei, ob durch eine öffentliche Aufführung in Deutschland die Sicherheit gefährdet werde. Diese Prüfung sei aber noch nicht abgeschlossen.
Auch die deutsche Botschaft im Sudan war das Ziel von Protesten gewesen. Merkel machte deutlich, dass der Schutz der deutschen Botschaften „unabdingbar“ sei. „Wir treten ein für ein friedliches Zusammenleben der Religionen“, betonte die CDU-Chefin.
Das Bundesinnenministerium klärt derzeit die rechtliche Handhabe, um eine Aufführung des Films zu verhindern. Zuständig ist aber das Bundesland, in dem das Video gezeigt werden soll. Die rechtspopulistische Splitterpartei Pro Deutschland sucht derzeit nach einem Kino in Berlin, das den Film im November in voller Länge aufführt – bislang jedoch ohne Erfolg.
Die Rechtspartei zeigte am Montag auf ihrer Internetseite eine mehr als einstündige Fassung. Nach Informationen der „Tagesschau“ handelte es sich dabei jedoch nur um eine Aneinanderreihung von bereits bekannten Szenen. Pro Deutschland entfernte das Video nach einer Weile wieder. Das von Hass geprägte Video stellt den Propheten Mohammed als Gewalttäter, Frauenhelden und Kinderschänder dar.
Friedrich plädierte dafür, eine Aufführung des Films mit allen rechtlich zulässigen Mitteln zu unterbinden. Das Video selbst sei nicht zu verbieten, sagte er. „Es gilt die Meinungs- und Kunstfreiheit, das ist unbestritten.“ Eine andere Sache sei, das Video in einem Berliner Kino zu zeigen. „Das kann nicht in unserem Interesse sein“, betonte Friedrich.
Zur aktuellen Sicherheitslage sagte der Minister, es gebe keine konkreten Hinweise auf eine Bedrohung. „Gefragt ist jetzt die Klugheit aller, sich nicht provozieren zu lassen“, sagte er. „Der Film reiht sich ein in eine ganze Serie von Geschmacklosigkeiten und Missachtungen von religiösen Gefühlen. Ich fordere daher mehr Respekt für die religiösen Gefühle von Menschen, seien es Christen, Juden oder Muslime.“
Aus der Opposition kamen Einwände gegen ein Aufführungsverbot für das Videos. „Eine bloße außenpolitische Rücksichtnahme reicht nicht aus, die Grundrechte zu beeinträchtigen“, sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. Verbote könnten nur das letzte Mittel sein.
Als „politisch extrem schwierig einzuordnen“ beurteilt der unterfränkische Bundestagsabgeordnete und Sicherheitsexperte Frank Hofmann (SPD) aus Volkach den Fall. Den Film zu verbieten würde seiner Meinung einer juristischen Prüfung nicht standhalten, die Meinungsfreiheit sei hierzulande „ein sehr hohes und schützenswertes Gut“, so der Politiker. Sollte Pro Deutschland beispielsweise nach Würzburg gehen und dort den Film zeigen wollen, „könnte die Polizei prüfen, ob damit eine Störung der öffentlichen Sicherheit einhergeht“.
Hofmann glaubt, dass es den Rechtspopulisten mit ihrer Aktion in Berlin gar nicht um Religions- oder Meinungsfreiheit gehe: „Da wird bewusst gezündelt“, so Hofmann, der deshalb die Zivilgesellschaft gefordert sieht: „Es wäre wichtig und am besten, wenn die Menschen so eine Filmaufführung einfach boykottieren würden. Wenn sie sagen würden: ,Wir wollen das nicht, wir gehen da nicht hin.' Wenn sie sich zu einer Gegendemonstration zusammenfänden. Man darf den Staat und die Polizei in diesem komplizierten Fall nicht alleine lassen.“
Grünen-Geschäftsführer Volker Beck sieht für ein Verbot ebenfalls keine Grundlage. „Nach dem, was ich gesehen habe, ist der Film eine geschmacklose Dämlichkeit, aber ohne strafbaren Inhalt.“
Polizeigewerkschafter äußerten sich ebenfalls zurückhaltend zu einem Verbot. „Wir haben in Deutschland ein sehr hohes Recht auf freie Meinungsäußerung. Das ist auch richtig und gut so“, sagte der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte: „Wir sind ein freies Land mit Meinungsfreiheit.“ Sofern in dem Film keine Straftatbestände verwirklicht würden, sei eine Aufführung kaum zu verhindern.
An anderer Stelle hat die Regierung bereits eingegriffen: Nach Angaben von Friedrich wurde gegen zwei Hassprediger ein Einreiseverbot verhängt, das für alle Schengen-Länder gilt. Einer der Betroffenen ist laut Merkel der fundamentalistische christliche US-Prediger Terry Jones. Pro Deutschland hatte ihn nach eigenen Angaben zu einer Veranstaltung eingeladen. Jones hatte in den USA für das Anti-Islam-Video geworben.
Die Ankündigung deutscher Rechtspopulisten, das aus den USA stammende Anti-Islam-Video in Deutschland öffentlich zu zeigen, ist bei der katholischen Kirche auf scharfe Kritik gestoßen. Dies wäre eine „inakzeptable und sinnlose Provokation, die letztlich den Frieden und die Christen weltweit gefährdet“, sagte Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Die gewaltsame Eskalation in der arabischen Welt erfülle ihn mit Sorge.
Text: dpa/Mitarbeit Achim Muth