Das Rampenlicht scheut er. Schweigen kann er. Und die stille Arbeit im Hintergrund liegt ihm. Obwohl Bruno Kahl, der designierte neue Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), in seinem langen Berufsleben noch nie etwas mit dem deutschen Auslands-Geheimdienst zu tun hatte und die Welt der Geheimagenten nur vom Hörensagen kennt, bringt der 53-jährige Jurist doch nach Ansicht von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) die idealen Voraussetzungen mit, um in dem Schleudersitz an der Spitze der noch in Pullach bei München sitzenden Mammutbehörde mit ihren 6500 Mitarbeitern bestehen zu können, deren Umzug nach Berlin unmittelbar bevorsteht.
Gleichwohl war die Überraschung groß, als Altmaier, der als Chef der Regierungszentrale auch für die Aufsicht und Kontrolle der Geheimdienste zuständig ist, in der vergangenen Woche die Ablösung des bisherigen BND-Präsidenten Gerhard Schindler bekanntgab und den engen Vertrauten von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als Nachfolger präsentierte. Im sonst so geschwätzigen Berlin, in dem nichts lange geheim bleibt und die Frage, wer was wird, Politiker wie Beobachter gleichermaßen umtreibt, hatte niemand den promovierten Verwaltungsjuristen Kahl auf der Liste.
Und selbst für die Innenpolitiker der Union war der verwitwete Vater von zwei Töchtern ein unbeschriebenes Blatt, obwohl er langjähriges CDU-Mitglied ist und seit gut zwei Jahrzehnten als Beamter in der zweiten Reihe der Bundesregierung agiert.
Nach dem Studium der Rechtswissenschaften von 1983 bis 1988 in Bonn und Lausanne und dem zweiten juristischen Staatsexamen beim Oberlandesgericht Köln 1994 arbeitete der 1963 in Essen geborene Kahl zwei Jahre als Referent im Bundeskanzleramt, ehe er zur Unionsfraktion wechselte und Mitarbeiter des damaligen stellvertretenden Fraktionschefs Wolfgang Schäuble wurde. Schnell entwickelte sich ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem badischen Unionspolitiker und dem loyalen Beamten. Kahl wurde zum engsten Mitarbeiter, politischen wie juristischen Berater und Vordenker Schäubles.
Leiter des Planungsstabes
Als dieser nach der Abwahl der rot-grünen Bundesregierung 2005 Innenminister wird, nimmt er Kahl mit ins Ministerium, erst als Sprecher, dann als Leiter des Planungsstabes, der Scharnierstelle zwischen politischer Führung und Beamtenapparat. Nach Schäubles Wechsel ins Finanzministerium 2009 wird sein treuer Adlatus erneut Leiter des Planungsstabes, 2011 schließlich Leiter der Abteilung VIII, die für Privatisierungen, Beteiligungen und Bundesimmobilien zuständig ist. Im Finanzministerium gehörte Kahl zu Schäubles „Musketieren“, wie der engste Führungszirkel des Ministers intern hieß, in dem offen diskutiert wurde, ohne dass je ein Wort an die Öffentlichkeit drang. Es galten die Prinzipien von Verschwiegenheit, Diskretion und absoluter Loyalität.
Diese Qualitäten wird Kahl nun brauchen, wenn er ab 1. Juli an der Spitze des BND steht, der in der Vergangenheit immer mit Skandalen und Affären für Schlagzeilen sorgte. Neben dem Umzug der Mammutbehörde von Pullach nach Berlin stehen auch die Reform und die Neuorganisation des Geheimdienstes durch das geplante BND-Gesetz auf der Tagesordnung.