
Francesco Polacchi sagt es ganz offen: „Ich bin Faschist und stehe dazu.“ 33 Jahre ist der Mann alt, er stammt aus Rom. In der Szene kennt man Polacchi als harten Hund, der sich bei keiner Schlägerei versteckt und mehrfach vorbestraft ist wegen schwerer Körperverletzung. Er ist Aktivist bei Casa Pound, einer offen neofaschistischen Partei und steht derzeit in Italien vor allem als Unternehmer im Fokus. Polacchi ist Inhaber der Bekleidungsfirma Pivert, die Jacken herstellt, die in Neonazikreisen besonders beliebt sind. Und er ist Inhaber des Verlags Altaforte, der gerade rechtzeitig zur Turiner Buchmesse einen Interviewband mit dem italienischen Innenminister Matteo Salvini herausgegeben hat.
Polacchi ist in Italien derzeit in aller Munde. Das hat mit seinen geschäftlichen Aktivitäten zu tun, für die nun ausgerechnet der Innenminister als inoffizieller Werbeträger funktioniert. Salvini zeigte sich in der Vergangenheit nicht nur mit Pivert-Jacke bei einem Besuch im Fußballstadion. Die erste Interview-Biografie erschien ausgerechnet im ultrarechten Polacchi-Verlag. Die beiden kennen sich. 2015 saß man gemeinsam mit anderen Neofaschisten zu Tisch, Polacchi hielt das offenbar harmonische Treffen fotografisch fest. Immer wieder paktierte Salvinis Lega mit Casa Pound. Nun stellt sich die Frage: Wie rechts oder nazifreundlich ist eigentlich der italienische Innenminister selbst, wenn er so unkomplizierten Umgang mit Leuten wie Polacchi pflegt und dessen Geschäfte unterstützt?
Bündnis mit den europäischen Rechtsaußenparteien
Die Frage ist insofern relevant, als Salvini nicht nur der derzeit einflussreichste italienische Politiker in der Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega ist. Der 46-jährige Chef der rechten Lega, die ebenso christdemokratisch angehauchte und separatistisch orientierte Unternehmer wie ultrarechte Extremisten vereint, schmiedet derzeit als Identifikationsfigur an einem Bündnis der europäischen Rechtsaußenparteien und schickt sich an, mittelfristig selbst italienischer Regierungschef zu werden. Seine Partei liegt in Umfragen bei etwa 35 Prozent der Stimmen, ein Rechtsbündnis käme bei Wahlen in Italien auf eine Mehrheit. Der Anführer dieses Spektrums ist Salvini. Wie ernst muss man seine Verbindungen zu Neonazis nehmen?
In Turin herrschte in den vergangenen Tagen Aufregung. Mehrere Autoren sagten ihre Teilnahme an der Buchmesse aus Protest ab. Die Bürgermeisterin der Stadt sowie der Regionspräsident zeigten Salvinis Kompagnon Polacchi wegen seiner Aussagen bei der Staatsanwaltschaft an, schließlich wurde der Altaforte-Verlag wegen Polacchis Äußerungen von der Buchmesse ausgeschlossen.
Bezug auf Mussolini genommen durch Reden und Gesten
Im Wahlkampf vor den Parlamentswahlen stattete er einem Mussolini-Verehrer und dessen Strandbad an der Adria einen Besuch ab. Zum Mussolini-Geburtstag zitierte er den Duce mit dessen Lieblingsspruch „viel Feind, viel Ehr“.
Der jüngste Tabubruch des Innenministers datiert vom vergangenen Wochenende. Zum Abschluss seines EU-Wahlkampfes in der Region Emilia Romagna ließ sich Salvini als Innenminister die Tür zum Rathausbalkon der Stadt Forli aufsperren und sprach von dort zur Menge auf dem Platz. Von demselben Balkon hatte auch Mussolini mehrfach zum Volk gesprochen und unter anderem der Hinrichtung von Partisanen zugesehen.