Trotz scharfer Kritik des Westens lässt Russland mit Manövern in internationalem Luftraum weiter seine Muskeln spielen. Die baltischen Nato-Staaten Estland, Lettland und Litauen berichteten von außergewöhnlich umfangreichen Übungen der russischen Luftwaffe und auch der Marine am Wochenende.
Die Nato bestätigte am Dienstag, dass über der Ostsee 13 russische Militärflugzeuge identifiziert worden seien. Alle seien sicherheitshalber von westlichen Kampfjets begleitet worden.
Auch die zivile Luftfahrt in Europa zeigt sich besorgt wegen der Militärflüge. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) prüfe derzeit eine Reihe von „Beinahe-Zusammenstößen“ zwischen zivilen Flugzeugen und Militärmaschinen in den vergangenen Monaten, sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. An mindestens einem der Vorfälle sei ein russisches Flugzeug beteiligt gewesen.
Die Funkanlagen der Militärflugzeuge seien ausgeschaltet gewesen. Kontakt mit ihnen sei daher nicht möglich gewesen, teilte die EASA mit. „Dies könnte eine unmittelbare Gefahr für die Sicherheit der zivilen Luftfahrt dargestellt haben“, hieß es.
Die baltischen Staaten hatten am Wochenende russische Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in internationalem Gebiet gesichtet. Das litauische Verteidigungsministerium sprach von 22 Schiffen. Das Militär des EU- und Nato-Landes sei deshalb in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Die Nachbarstaaten Litauen und Estland berichteten ebenfalls von russischen Flugmanövern über der Ostsee.
Die Einsätze der Kampfflugzeuge könnten nicht als Routine bewertet werden, teilte die Nato mit. Die Allianz hatte neben sechs Langstreckenbombern vom Typ Tupolew Tu-95 und Tu-22M auch fünf Transportflieger vom Typ Tu-134 sowie zwei vom Typ Antonow An-72 gesichtet. Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums sprach von einer Machtdemonstration Russlands.
Moskau hatte in den vergangenen Wochen verstärkt Militärpräsenz im internationalen Luftraum und Gewässern gezeigt. Der Westen kritisiert dies als Zeichen einer Eskalation im Ukraine-Konflikt. Ende November waren Schiffe der russischen Kriegsmarine im neutralen Bereich des Ärmelkanals gesichtet worden. Die Manöver gelten als Antwort Russlands auf Übungen von Nato-Staaten im Osten Europas.
Die Nato verstärkt unter anderem Standorte in den östlichen Ländern des Bündnisgebietes und baut eine schnelle und schlagkräftige „Speerspitze“ der Schnellen Eingreiftruppe (Nato Response Force) auf. Die deutsche Luftwaffe ist seit dem 1. September mit sechs Kampfflugzeugen an der Nato-Luftraumüberwachung über dem Baltikum beteiligt.
Russland will angesichts des zunehmenden Konflikts mit dem Westen militärische Stärke zeigen. Bei seiner Rede an die Nation hatte Präsident Wladimir Putin vergangene Woche deutlich gemacht, dass sich Russland keinem Druck beugen werde. Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte im November weitere Übungen angekündigt.