Donald Trump genoss sichtlich den Prunk und Pomp, als er langsam durch die Reihen der Gardesoldaten in ihren typisch roten Uniformen und den Bärenfellmützen auf dem Kopf schritt. 82 Salutschüsse hallten vom nahen Green Park in den Garten des Buckingham-Palasts. Während sich der US-Präsident also Zeit ließ und an der Seite von Prinz Charles mit einigen der Militärangehörigen plauderte, stand Queen Elizabeth II. neben First Lady Melania auf der Veranda des Palasts und verfolgte das Spektakel. Zuvor hatte sie das Präsidentenpaar offiziell zum Auftakt des dreitägigen Staatsbesuchs empfangen.
Für die Monarchin ist das Prozedere Routine, zwölf der letzten 13 US-Präsidenten hat die 93-Jährige im Laufe ihrer Regentschaft getroffen. Im britischen Volk wird die Visite dagegen zutiefst kontrovers diskutiert. Es handelt sich immerhin um die höchste Ehre im Königreich – um eine seltene dazu. Nach George W. Bush und Barack Obama ist Trump erst der dritte US-Präsident, der zum Staatsbesuch geladen wurde. Mehr als das, was die Königsfamilie auf Geheiß der Regierung bei solchen Empfängen aufzuwarten hat, geht nicht.
Meister der Inszenierung
Die Royals sind, wenn man so will, die weltweit führenden Meister der Inszenierung. Und nun kommt ausgerechnet jener Mann, der hoch umstritten auf der Insel ist, aber bekanntermaßen das Zeremonielle liebt wie kaum ein anderer, in diesen Genuss.
Die Pracht, der goldene Glanz soll auf den Republikaner abfärben, der auf schöne Bilder fürs heimische Publikum auf der anderen Seite des Atlantiks hofft, wo die Königsfamilie große Popularität genießt. Es ist zudem kein Geheimnis, dass der US-Präsident persönlich die Queen bewundert, die auf dem Thron sitzt, seit er ein kleiner Junge war.
Anders aber als üblich bei Staatsbesuchen fuhr der US-Präsident nicht an der Seite der Königin in der vergoldeten Kutsche mit prächtigem Tamtam durch London, sondern landete mit dem Hubschrauber auf dem perfekt getrimmten Rasen des Palastgartens. Zu groß war offenbar die Sorge, dass Proteste das Präsidentenpaar irritieren könnten.
Die werden für den heutigen Dienstag erwartet und könnten durch Trump selbst weiter angeheizt worden sein. Denn noch bevor die Air Force One am Montagmorgen britischen Boden berührt hatte, sorgte er bereits für diplomatischen Ärger. Aus der Maschine heraus attackierte der US-Präsident via Twitter Londons Bürgermeister Sadiq Khan, den er als „Komplettversager“ bezeichnete. Khan habe „furchtbar schlechte Arbeit“ geleistet. Das Stadtoberhaupt der britischen Metropole und der amerikanische Regierungschef liegen regelmäßig via Twitter im Clinch. Erst am Sonntag verglich Khan die Sprache des US-Präsidenten mit der von „Faschisten des 20. Jahrhunderts“. Dabei ist es beileibe nicht nur Khan, der die Visite im Vorfeld kritisierte. So boykottierte etwa der Oppositionschef der Labour-Partei, Jeremy Corbyn, das Staatsbankett, das am Montagabend zu Ehren des präsidialen Besuchs abgehalten wurde.
Tausende Menschen wollen am heutigen Dienstag aus Protest gegen die Politik Trumps auf die Straße gehen. Dann dürfte auch wieder jener sechs Meter große Ballon in Form eines Trump-Babys mit blonder Haartolle, Handy in der Hand und Ärger im orangefarbenen Gesicht zum Einsatz kommen – wie bereits im vergangenen Jahr, als der US-Republikaner zu einem Arbeitsbesuch auf die Insel reiste. Ursprünglich sollte es damals schon die volle Staatsvisite sein, doch es wird davon ausgegangen, dass der Widerstand die Offiziellen zurückrudern ließ. Fast zwei Millionen Briten hatten sich in einer Petition gegen den Besuch ausgesprochen, sie kritisierten unter anderem Trumps Migrations- und Außenpolitik, seinen Sexismus und Rassismus.
Seit seiner Amtsübernahme hat die besondere Beziehung zwischen den beiden Ländern, merklich gelitten. Dabei sind vor allem die Briten äußerst stolz auf das Verhältnis, das sie traditionell seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu den USA pflegen. Das Brexit-Votum hat das Kräfteverhältnis aber verschoben: London ist auf ein schnell nach dem EU-Austritt abgeschlossenes bilaterales Handelsabkommen mit den USA angewiesen.
Nach den royalen Festlichkeiten und einer Kranzniederlegung in Westminster Abbey gestern trifft Trump am heutigen Dienstag auf Premierministerin Theresa May, die nach einem monatelangen Machtkampf innerhalb der eigenen Partei angekündigt hat, am Freitag den Parteivorsitz niederzulegen. Die Zusammenkunft dürfte kaum ohne Spannungen über die Bühne gehen.
Für Irritationen gesorgt
Erst im vergangenen Jahr hatte Trump die scheidende Premierministerin vor aller Welt düpiert, als er sie vor seinem Besuch in London in einem Interview scharf kritisiert hatte. Auch dieses Mal sorgte er im Vorfeld für Schlagzeilen, weil er sich in die Debatte um den Brexit einmischte. So verkündete er seine Sympathien für den europaskeptischen Hardliner Boris Johnson, der gerne May in der Downing Street beerben will, und riet den britischen Gastgebern via Zeitungsinterviews zum schnellen EU-Austritt, mit oder ohne Austrittsabkommen. Zudem pries Trump erneut Nigel Farage, den rechtspopulistischen Vorsitzenden der neu gegründeten Brexit-Partei. In der Gänze ein Affront, der– vorsichtig ausgedrückt – für Irritationen sorgte. Überraschend kamen Trumps verbale Interventionen dagegen nicht.